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© Gehrt
Kultivierung der Hochmoore

Ab den 17. Jahrhundert: Fehnkultur

 

Die Fehnkultur, als Form der Binnenkolonisierung, wurde im 17. Jahrhundert aus den Niederlanden nach Ostfriesland importiert. Die Stadt Papenburg wurde als erste niedersächsische Fehnsiedlung bereits im Jahr 1630 gegründet. Die Fehnkultur beschreibt ein Schema, nach welchem die Kultivierung und Besiedlung der Moore in Nordwestdeutschland vorangetrieben wurde [10]. Um die Hochmoore zu entwässern, wurden die für die Fehnkultur typischen Kanalsysteme angelegt. Diese bestehen aus einem schiffbaren Hauptkanal (Wieken), von dem in regelmäßigen Abständen rechtwinklige Nebenkanäle (Inwieken) zur Entwässerung der Moorflächen abgehen [5]. Im Nordwesten Niedersachsens und den angrenzenden Niederlanden erkennt man noch heute die Spuren der Fehnkulturen an den langen, schmalen durch die Entwässerungsgräben getrennten Grundstücken, die mit der Stirnseite an einen größeren Hauptkanal grenzen.

 

Durch die Entwässerung konnte, nach Beiseitelegen des damals als wertlos angesehenen Weißtorfs, der Schwarztorf gestochen, zur Trocknung aufgestellt und anschließend als Brennmaterial verkauft werden. Durch die schiffbaren Kanäle waren die Fehnkolonien gut an die umliegenden Siedlungen angebunden und konnten dort den Brenntorf sowie später auch die landwirtschaftlichen Erzeugnisse verkaufen. Dies hat für einen wirtschaftlichen Aufschwung in zahlreichen Fehnkolonien gesorgt [5]. Der nach dem Abbau des Schwarztorfes im Fehngebiet verbliebene lose Weißtorf wurde auf ein Schwarztorf-Pechsand-Ortstein-Gemisch aufgebracht, mit „gelbem Sand“ überdeckt und für eine spätere Flächennutzungen aufgedüngt [10]. Der Fortschritt der Moorkultivierung durch die Fehnkultur war allerdings mühsam und zeitaufwändig. So konnte ein Arbeiter in 500 Arbeitstagen ca. 1 ha Moorfläche kultivieren [5].

Die Abbildungsfolge beschreibt die einzelnen Schritte der Fehnkultur und deren Auswirkungen auf die Hochmoorböden sowie deren Folgeböden. Zusätzlich ist ein Schnitt durch eine idealisierte Fehnkultur und ein Bodenprofil aus der Fehnkultur dargestellt.

Weiterführende Informationen zu aktuellen Themen rund um die Fehnkultur-Böden sind hier zu finden.

Ab dem 18. Jahrhundert: Moorbrandkultur

Am Anfang des 18. Jahrhundert etablierte sich im Westen Deutschlands neben der Fehnkultur, die ebenfalls aus den Niederlanden stammende Moorbrandkultur [1]. Die ältesten Berichte über die Deutsche Moorbandkultur liegen für das Jahr 1703 vor. Durch ein dichtes Netz flacher, ca. 30 cm tiefer Entwässerungsgräben, auch Grüppen genannt, und über einige große Gräben wurde das Moor zunächst oberflächlich entwässert. Anschließend wurde der trockengefallene Oberboden gehackt und gepflügt. Im darauffolgenden Frühjahr wurde mit dem Brennen begonnen. Hierzu wurde an der dem Wind abgekehrten Seite ein Feuer gelegt, um die Brandausbreitung zu kontrollieren. Mit brennenden Torfstücken wurde die Glut dann immer weitergetragen, sodass innerhalb weniger Tage große Flächen in Brand gesetzt wurden [10].

Die Samen der Feldfrüchte wurden zum Teil noch in die warme Asche des gebrannten Moores gesät. Meistens wurde der relativ anspruchslose Buchweizen (Fagopyrum esculentum) angebaut, in selteneren Fällen aber auch Hafer oder Hackfrüchte wie Kartoffeln. Durch das Brennen und das Einarbeiten der Asche in den Torf des Oberbodens wurde der Boden entsäuert und Nährstoffe freigesetzt [10]. Daher boten die gebrannten Flächen anfangs gute Anbaubedingungen. Dieselbe Fläche konnte meist fünf bis sechs Jahre in Folge bewirtschaftet und mit derselben Feldfrucht bestellt werden. Die Erträge fielen jedoch von Jahr zu Jahr geringer aus. Bald darauf waren die Flächen ausgelaugt und durch den Substanzverlust im Torf wurden sie zusätzlich zu feucht für den Ackerbau. Es musste eine Anbaupause von 30 bis 40 Jahren eingehalten werden, damit die Vegetation neu aufwachsen konnte, um dieselbe Fläche wieder in der Moorbrandkultur als Ackerland nutzen zu können [1, 4]. In diesem Zeitraum mussten neue Flächen durch das Moorbrennen in Kultur genommen werden. Ein Moorbauernhof benötigte also mindestens fünf große Flächeneinheiten, von denen jeweils nur eine in Nutzung war, um langfristig eine auskömmliche Ernte einfahren zu können. Zusätzlich war immer die Gefahr von Spätfrösten gegeben, die durch die lokalen klimatischen Bedingungen im Hochmoor noch weit bis ins Jahr hinein auftreten konnten und dabei ganze Ernten des frostempfindlichen Buchweizens vernichteten [10].

Ihre Blütezeit hatte die Moorbrandkultur Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Rauch, der bei dem frühjährlichen Brennen aufstieg, soll Höhen von bis zu 3000 m erreicht und sich über hunderte, teilweise sogar über mehrere tausend Kilometer ausgebreitet haben [4, 10]. In manchen Gebieten gab es so viel Rauch, dass die Bevölkerung tagelang die Sonne nicht sehen konnte und der Feinstaub führte zu hohen gesundheitlichen Belastungen bei den Menschen vor Ort. Im Jahr 1873 wurde in Bremen der „Verein gegen das Moorbrennen“ gegründet, dessen Tätigkeiten 1877 zur Gründung der „Preußischen Moorversuchsstation“ in Bremen führten. Hiermit begann die wissenschaftliche Erforschung der landwirtschaftlichen Nutzung von Hoch- und Niedermooren in Niedersachsen. Dort wurde das Verfahren der Deutschen Hochmoorkultur erprobte, welches anschließend die Moorbrandkultur weitestgehend ablöste. 1923 wurde die Moorbrandkultur dann gesetzlich verboten [10]. Noch heute sind die Grüppen auf vielen ehemals gebrannten Hochmoorflächen als Überbleibsel dieser vergangenen Kulturform zu erkennen [10].  

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© Preshuhn

Das Moorbrennen im nordwestdeutschen Tiefland.

 

 

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© Günther

Ehemalige Buchweizenäcker im Bourtanger Moor (873), aufgenommen 1980. Ca. 50 Jahre nach Beendigung der Moorbrandkultur sind die Entwässerungsgräben noch deutlich zu erkennen [4].

Ende des 19. Jahrhundert: Deutsche Hochmoorkultur

Durch die Fehnkultur entstanden nur sehr langsam neue landwirtschaftliche Nutzflächen, sodass daraus der gesteigerte Bedarf an Lebensmittel einer wachsenden Bevölkerung nicht gedeckt werden konnte. Die Moorbrandkultur war ökologisch und ökonomisch nicht sehr rentabel, da die Flächen lange brachlagen und es häufig zu Ernteausfälle durch Spätfröste gekommen ist. Gleichzeitig regten sich immer mehr Widerstände aus der Bevölkerung gegen das Verfahren. Deshalb entwickelten Wissenschaftler ab 1877 an der Preußischen Moorversuchsstation Bremen das Verfahren der Deutschen Hochmoorkultur [4].

Mit dem Verfahren der Deutschen Hochmoorkultur konnten große Moorflächen relativ einfach kultiviert werden, ohne sie vorher abzutorfen oder abzubrennen. Zuerst musste dafür das Moor entwässert werden. Anschließend wurde die Moorvegetation entfernt und die Fläche gefräst und planiert. Dies geschah je nach vorhandenem Gerät per Handarbeit, durch Pferdegespanne oder maschinell. Durch das Einarbeiten von Kalk und Nährstoffen wurden die Flächen aufgewertet und waren anschließend landwirtschaftlich nutzbar. Anfangs gingen die Entwicklungen nur langsam voran, da ausschließlich organische Dünger wie Gülle und Mist verwendet wurden. Somit waren die Moorbauern und Moorbäuerinnen an den vorhandenen Viehbestand gebunden. Dies änderte sich mit Einführung des Mineraldüngers. Anfänglich wurden auf den Hochmoorkulturen hauptsächlich Hackfrüchte angebaut. Durch die Aufzehrung und Sackung des Torfes war nach wenigen Jahren meist nur noch die Nutzung als Dauergrünland möglich [10].  

 

Motive zur Hochmoorkultur

Ab dem 20. Jahrhundert: Hochmoorbesandung

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entstand die Sanddeckkultur, auch Hochmoorbesandung genannt. Dabei wurde eine ca. 10 cm mächtige Sandschicht auf die zuvor entwässerten Moorböden aufgebracht. Diese Sandschicht verlangsamte die Humifizierung der Torfe, förderte die Durchlüftung im Oberboden und machte den Untergrund trittfester [10]. Die Übersandung wurde meist maschinell mit einer Besandungsmaschine durchgeführt.

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Großflächige Besandung im Langen Moor.
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© Matras

Besandetes Hochmoor in der Molberger Dos (284).

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© Matras

"Flachschurfriegel" aus einem besandetem Hochmoor in der Molberger Dose (284).

Ab dem 20. Jahrhundert: Deutsche Sandmischkultur

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs gab es einen staatlichen Beschluss, die Moorböden zu kultivieren und zu besiedeln. Durch den „Emslandplan“ wurden Moorflächen über ein staatliches Entwicklungsprogramm kultiviert, um die Ernährungsgrundlage der Bevölkerung zu sichern und Siedlungsraum zu schaffen. Unter Einsatz des großen „Ottomeyer-Pfluges“ wurden allein im Emsland über 150.000 ha Moor- und Heideflächen in der neuen Kulturmaßnahme zu Sandmischkulturen umgewandelt [10]. Die Pflüge wurden mit Raupenfahrzeugen über die zuvor entwässerten Moorflächen gezogen und erreichten Pflugtiefen von über zwei Metern. Dabei wurden abwechselnd Torf- und Sandbalken schräg aufgestellt und die Flächen anschließend planiert. Ziel war es die häufig wasserundurchlässigen Ortsteinschichten im Untergrund zu brechen, um das Auftreten von Staunässe zu vermeiden [10]. Flächen der Deutschen Sandmischkultur haben den Vorteil, dass der Torfanteil des entstandenen Bodenmischsubstrats das Bodenwasser gut halten kann, während der Sandanteil für eine gute Durchlüftung sowie für eine gute Verteilung des Wassers sorgt. Auf diese Weise entstanden im Emsland vergleichsweise gute Ackerflächen, die bis heute noch so genutzt werden können [8].

In dem Videofilm "Die Moordämmerung (1952)" wird die Aufbruchsstimmung zur Kultivierung der Hochmoore im Emsland deutlich (Das Bundesarchiv)

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Der Ottomeyer-Pflug, kann heute noch im Emsland Moormuseum betrachtet werden.
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© Matras

Profil einer Sandmischkultur, hier in einem Niedermoorbereich der Moore im Marka-Tal (281).

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© Göttke-Krogmann

Querstellung von Sand und Torfbalken im Zuge der Deutschen Sandmischkultur. Aufgeschlossen bei der Anlage eines Grabens.

Ab dem 20. Jahrhundert: Baggerkuhlung 

Bei diesem Verfahren wird mit einem Bagger aus den tiefer liegenden Schichten Sand gefördert, der anstehende und entwässerte Torf in den Unterboden eingebracht, mit dem Sand abgedeckt und teilweise auch vermischt. Die neu gekuhlten Flächen müssen für mehrere Jahre brachliegen und sich setzen, bevor sie eingeebnet werden können. Die Kuhlung verursacht eine irreversible Zerstörung des anstehenden Moorbodens. Das Kuhlen schafft eine unregelmäßige Bodenstruktur, aufgrund unterschiedlicher Torfanteile im Oberboden sowie ungleichmäßig mächtiger bzw. unterbrochener Torflagen im Untergrund. Durch Torfsackungen werden die Flächen oft sehr uneben, und es können vereinzelnd nasse Bereiche entstehen. Diese Kultivierungsmethode ist für den langfristigen landwirtschaftlichen Erfolg eher fraglich [10].

 
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© Schmatzler

Frisch gekuhlte Fläche im Ostermoor/ Schwaneburger Moor (26).

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© Matras

Profil nach einer Baggerkuhlung im Hochmoorbereich Wiesmoor-Nord (377).

Literatur

[1] Blankenburg, J. (2015): Die landwirtschaftliche Nutzung von Mooren in Nordwestdeutschland. TELMA, 5, 39-58.

[2] Boess, J., Fortmann, J., Müller, U., & Severin, K. (2011): Kriterienkatalog Nutzungsänderung von Grünlandstandorten in Niedersachsen. Oldenburg (Landwirtschaftskammer Niedersachsen). 

[3] Göttlich, K., & Kuntze, H. (1990): Moorkultivierung für Land- und Forstwirtschaft. In K. Göttlich (Hrsg.), Moor- und Torfkunde Stuttgart (E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung). 

[4] Günther, J. (2012): Die Moorbrandkultur und der Buchweizenanbau als eine frühe Form der landwirtschaftlichen Hochmoornutzung in Nordwestdeutschland. TELMA, 42, 57 - 70. 

[5] Haverkamp, M. (2011): Binnenkolonisierung, Moorkultivierung und Torfwirtschaft im Emsland unter besonderer Berücksichtigung des südlichen Bourtanger Moores – Entwicklungslinien und Forschungsstand. TELMA, 41, 257-282.

[6] NIBIS® Kartenserver (2022): Boden- und Moorkarte des Emslandes (BMK5).

[7] NIBIS® Kartenserver (2022): Kohlenstoffreiche Böden in Niedersachsen - Landnutzung nach ATKIS® (ATKISH).

[8] Kuntze, H. (1974): Meliorationsbeispiel Sandmischkultur. Kolloquiumsbeitrag zum Thema: Meliorative Bodenbearbeitung.

[9] Rösel, L. R., F. (2020): Einfluss der Moorflächen auf die Besiedlung Niedersachsen zwischen 1821 und 2018. TELMA, 50, 29-44.

[10] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2010): Moorland. Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen (Industrieverband Garten e.V.).

[11] Schmatzler, E. (2015): Moornutzung und Moorschutz in Niedersachsen – Geschichtlicher Rückblick und zukünftige Entwicklung. TELMA, Beiheft 5, 19-38. 

[12] Zeitz, J. (2003): Moorkulturen. In H.-P. Blume, P. Felix-Henningsen, H.-G. Frede, G. Guggenberger, R. Horn & K. Stahr (Hrsg.), Handbuch der Bodenkunde, Loseblattsammlung: 1-36. Landsberg/Lech.

Paul Matras, Martha Graf, Vera Bruns (LBEG) (2022)

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