Niedersachsen ist sowohl historisch mit über 6.000 km2 ehemaliger Moorflächen als auch aktuell das moorreichste Bundesland in Deutschland. Die Motivation zur Gliederung Niedersachsens in Moorgroßlandschaften (MGL) liegt in dem sehr großen Flächenanteil, der großen Vielfalt und der starken, auch regional unterschiedlichen anthropogenen Überprägung der Moore begründet. Die Karte entstand im Zusammenhang mit einer 2021 begonnenen Neukartierung der niedersächsischen Moore. Ziel war es, folgende Punkte herauszuarbeiten:
Der Flächenanteil der Hoch- und Niedermoore innerhalb einer MGL ist sehr unterschiedlich. Diesbezüglich sind die MGL 301, 303 und 308 (Westliches Emsland, Hunte-Leda-Niederung und Hamme-Oste-Niederung) deutlich moordominierte Bodengroßlandschaften, während in der MGL 310 (Lüneburger Heide) Niedermoore in Senkenbereichen mit nur sehr geringem Flächenanteil vertreten sind. Die Moorgroßlandschaften bilden damit einen regionalen Rahmen zur weiteren systematischen Gliederung und Einordnung der topischen Beschreibung einzelner Moore und sind im Kontext mit der Systematik kulto-hydrogenetischer Moortypen zu sehen (LBEG, in Vorbereitung).
Die Kenntnis der bestimmenden regional wirksamen Faktoren erlaubt es, die MGL sowohl bei der Kartierung wie bei den Merkmalsausprägungen und Eigenschaften spezifisch zu beschreiben und damit die ursächlichen Wirkungsfaktoren zu erkennen. Die Moorgroßlandschaften bieten im Zuge der Neubearbeitung den systematischen Rahmen für die Neukartierung und ggf. die Modellierung. Damit ist es möglich, die Intensität und den Aufwand der Kartierung zu steuern und ggf. regionale Anpassungen im Rahmen der Modellierung (z. B. Torfverzehr) vorzunehmen.
Bitte zitieren Sie die Karte wie folgt: NIBIS® Kartenserver (2022): Karte der Moorgroßlandschaften in Niedersachsen (1 : 500 000). - Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Hannover.
Auf dieser Seite steht der Download zu dieser Karte bereit.
Die Moorgroßlandschaften werden in der anliegenden Tabelle benannt und in erster Näherung in Bezug auf das Klima und die Hydrologie, die Moorregionen und hydrogenetische Moortypen, die geomorphologische Lage und die anthropogene Beeinflussung der Moore zusammenfassend charakterisiert.
MGL |
BR |
BGL |
Beschreibung |
Hydrologie |
Beispiele |
Moorregion (Succow 2001) |
|
BR 1 Küstenholozän, BGL 1: Inseln |
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100 |
1 |
1 |
Niedermoore der Inseln |
Hammersee, Juist; Geringmächtige Moore der Graudünentäler Langeoog, Norderney |
Verlandungsmoor/ Versumpfungsmoor |
|
|
BR 1 Küstenholozän, BGL 3: Marsch |
|||||
101 |
1 |
3 |
Krummhörn, Emsmarsch, Bunderneuland |
|
Küstenüberflutungs-/ Regenmoore |
|
102 |
1 |
3 |
Marsch zwischen Ems- und Jademündung |
|
Küstenüberflutungs-/ Regenmoore |
|
103 |
1 |
3 |
Jader Marsch |
|
Küstenüberflutungs-/ Regenmoore |
|
104 |
1 |
3 |
Westliche Wesermarsch |
|
Küstenüberflutungs-/ Regenmoore |
|
105 |
1 |
3 |
Östliche Wesermarsch |
|
Küstenüberflutungs-/ Regenmoore |
|
106 |
1 |
3 |
Marsch und Geestrand Elbmarsch und Oste |
|
Küstenüberflutungs-/ Versumpfungsmoore |
|
|
BR 2 überregionale Flusslandschafen, BGL 4: Talauen und Niederterrassen |
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201 |
2 |
4 |
Emstalniederung |
|
Versumpfungsmoore, Auenmoore |
|
202 |
2 |
4 |
Mittelwesertal |
|
Versumpfungsmoore, Überschwemmungsmoore |
|
203 |
2 |
4 |
Leine-Aller-Niederung |
|
Versumpfungsmoore, Überschwemmungsmoore |
|
204 |
2 |
4 |
Elbniederung |
|
Versumpfungsmoore, Überschwemmungsmoore |
|
205 |
2 |
4 |
Talniederungen des östlichen Berg- und Hügellandes und Allertalniederung |
|
Versumpfungsmoore, Überschwemmungsmoore |
|
206 |
2 |
4 |
Hasetal-Niederung |
|
Versumpfungsmoore, Überschwemmungsmoore |
|
|
BR 3 Geest, BGL 6: Grundwassernahe Geest, BGL 8: Grundwasserferne Geest |
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301 |
3 |
6 |
Westliches Emsland |
Im Norden mit Tideeinfluss |
Bourtanger Moor |
Regenmoore |
302 |
3 |
8 |
Ostfriesische Geest |
Mit Tideeinfluss |
|
Küstenüberflutungs-/ Regenmoore |
303 |
3 |
6 |
Moorgebiet der Hunte-Leda-Niederung |
Tideeinfluss |
|
Regenmoore |
304 |
3 |
6 |
Niederungen der Sögeler, Cloppenburger, Delmenhorster und Syker Geest |
|
Regenmoore |
|
305 |
3 |
6 |
Südliches Emsland |
|
Regenmoore |
|
306 |
3 |
6 |
Diepholzer Moorniederung |
|
Regenmoore |
|
307 |
3 |
8 |
Geest östlich der Wesermündung |
Tideeinfluss |
|
Regenmoore |
308 |
3 |
6 |
Moorgebiet der Hamme-Oste-Niederung |
|
Regenmoore |
|
309 |
3 |
6 |
Wümme-Niederung und Zevener Geest |
|
Regenmoore |
|
310 |
3 |
8 |
Lüneburger Heide und Lüchower Niederung |
|
Regen-/Versumpfungsmoore |
|
311 |
3 |
8 |
Hannoversche Moorgeest Geest zwischen Leine und Fuhse |
|
Regenmoore |
|
312 |
3 |
6 |
Aller-Talsandebene und obere Allerniederung |
|
Regen-/Versumpfungsmoore |
|
313 |
3 |
8 |
Südlicher Geestrand der Lüneburger Heide |
|
Regenmoore |
|
314 |
3 |
8 |
Ostbraunschweigische Geest |
|
Regen-/Versumpfungsmoore |
|
315 |
3 |
8 |
Ostmünsterland |
|
– |
|
316 |
3 |
8 |
Osnabrücker Hügelland |
|
– |
|
|
BR 4 Bergvorland |
|||||
401 |
4 |
|
Lössbörden |
|
Versumpfungsmoore |
|
402 |
4 |
|
Osnabrücker Lössgebiete |
|
– |
|
|
BR 5 Bergland |
|||||
501 |
5 |
|
Leine Weserbergland |
Klima, naturnah |
|
Hangmoore |
502 |
5 |
|
Ostbraunschweigischen Hügelland |
Großes Bruch |
Versumpfungsmoore |
|
503 |
5 |
|
Osnabrücker Bergland |
|
– |
|
|
BR 6 Mittelgebirge |
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600 |
6 |
|
Mittelgebirge/Harz |
Klima, naturnah |
|
Gebirgsregen- und Hangmoore, Versumpfungsmoore |
Die regionale Gliederung der Moore wurde an vorliegenden Gliederungen orientiert: Overbeck [6] grenzt in Niedersachsens unscharf 13 Moorgebiete ein. Succow beschreibt für Europa Moorregionen [7-8]. Regionale Gliederungen sind auch der bodenkundlichen Standortkarte (BSK200) und den Wuchsbezirken der Forstlichen Standortskartierung hinterlegt. Für die BK50 wurde Niedersachsen (in Anlehnung an Haase 1978 [4]) pedoregional gegliedert [3]. Dabei wurden, anders als in der bodenkundlichen Standortkarte von Niedersachsen (BSK200), keine klimatisch begründeten Abgrenzungen vorgenommen. Überregionale vergleichende Betrachtungen der Moore [1-2, 5-6] zeigen, dass regionale Gliederungen auch durch die torfbildenden Pflanzen begründet sind.
Die Moorgroßlandschaften sind individualisierte Teilräume innerhalb der Bodenregionen bzw. der Bodengroßlandschaften der BK50 [3]. Die Bodenregionen und Bodengroßlandschaften bilden den Rahmen für die pedoregionale Gliederung des Landes und konkretisieren die in Niedersachsen seit den 90er Jahren eingeführte Gliederung. Bodenregionen (BR) und Bodengroßlandschaften (BGL) sind durch gemeinsame, meist landschaftsgenetische oder strukturgeologisch bedingte und morphologisch erkennbare Raumeinheiten begründet. Auch das Klima oder der Einfluss von Wasser (Tideeinfluss, Grundwasser) ist hierdurch besser zu erfassen. Die systematische Ordnung mit der pedoregionalen Gliederung ist damit ein Hilfsmittel zur zielgerichteten Kartierung der Moore, deren Beschreibung und inhaltlichen Qualitätssicherung.
Die hydrogenetischen Moortypen [7] beinhalten regionale Aspekte (z. B. Küstenmoore oder Überflutungsmoore), allerdings, ohne die Kriterien der Zuordnung näher zu benennen. So sind z. B. Hochmoore lediglich als Regenmoor einzustufen. Dabei ist offensichtlich, dass sich Hochmoore in der Bodenregion des Küstenholozäns unter Einflüssen der holozänen Transgression in tiefliegenden, küstennahen Altmoränengebieten mit maritimem Klimaeinfluss (höhere Niederschläge, höhere Temperaturen) und gehemmtem Grundwasserabfluss deutlich von Hochmooren in meeresfernen, klimatisch kontinentaleren Gebieten oder Hochmooren im Bergland unterscheiden. So findet sich küstennah eine Dominanz der Torfbildner der Sph. Cymbiflolia-Gruppe, küstenfern eher die Ausprägung mit Sph. acutifolia [5]. Ein anderes Beispiel ist die Gliederung der Überflutungsmoore. Es ist evident, dass die Moore der Küstenüberflutungsgebiete mit transgressiven Überschlickungen, Moore in den Flussauen mit Hochwasserabsätzen, Moore der Dünentäler mit Einwehungen oder vermoorte Niederungen der Lössgebiete mit kolluvialen Einträgen genetisch wie petrographisch sehr unterschiedliche Ausprägungen und Verteilungen zeigen. Während die Wasserstände in den Böden der Küstenmarsch in Beziehung zur Höhe über NN stehen und durch Schöpfwerke gesteuert werden, zeigen diese beispielsweise in der Geest häufig Beziehungen zum Hauptgrundwasserleiter.
Kulturelle Eingriffe oder Überprägungen sind eng an bestimmte regionale Spezifika gebunden. So finden sich die Fehnkulturen nur in den wurzelechten Hochmooren Ostfrieslands, die Spittkulturen nur in den Marsch-Hochmooren südlich des Jadebusens und die Finndorff-Kultur in den Hochmooren über Niedermooren in der Hamme-Oste-Niederung. Näherungsweise ist darüber hinaus erkennbar, dass heutige Einflüsse wie z. B. die Nutzungsintensität oder der Stickstoffeintrag regional fassbar sind. Gegebenenfalls wären hier Weiterentwicklungen notwendig.
[1] Dierßen, K., & Dierßen, B. (2008): Moore - Studienausgabe. Ökosysteme Mitteleuropas aus geobotanischer Sicht (Ulmer).
[2] Freund, H. (1994): Pollenanalytische Untersuchungen zur Vegetations- und Siedlungsentwicklung im westlichen Weserbergland (1 Auflage Vol. 56). Münster).
[3] Gehrt, E., Benne, I., Evertsbusch, S., Krüger, K., & Langner, S. (2021): Erläuterung zur BK50 von Niedersachsen. GeoBerichte, 40. doi: DOI 10.48476/geober_40_2021
[4] Haase, G. (1978): Leitlinien der Bodengeographischen Gliederung Sachsens. Beiträge zur Geographie - Arbeiten zur Bodengeographie, 29(1), 6 - 81.
[5] Overbeck, F. (1950): Das Känozoikum in Niedersachsen Teil: Abt. 4., Moore. Bremen-Horn(Dorn).
[6] Overbeck, F. T. (1975): Botanisch-geologische Moorkunde - unter besonderer Berücksichtigung der Moore Nordwestdeutschlands als Quellen zur Vegetations-, Klima- und Siedlungsgeschichte. Neumünster(Wachholtz Verlag).
[7] Succow, M., & Jeschke, L. (1990): Moore in der Landschaft (2. Auflage). Leipzig, Jena, Berlin(Urania-Verlag ).
[8] Succow, M., & Joosten, H. (2001): Landschaftsökologische Moorkunde. Stuttgart(E. Schweizerbart Verlagsbuchhandlung).