Die Flora der Niedermoore

Niedermoore sind neben dem Niederschlag auch durch minerogenes Wasser, d.h. Oberflächen-, Boden- oder Grundwasser beeinflusst. Je nach Gestein, Klima, Boden, Pflanzendecke und Nutzung sowie der Verweildauer im Boden ist das Wasser unterschiedlich stark mit Ionen angereichert [11], [15]. Demzufolge sind Niedermoore von Natur aus durch sehr unterschiedliche Bedingungen geprägt, welche sowohl spezialisierten Arten als auch Generalisten eine Vielzahl an Lebensräumen bieten (vgl. Biotope). Viele Arten haben keine feste Bindung an das Niedermoor und können auch in anderen Feuchtgebieten oder Gewässern vorkommen.
Der floristische Artenreichtum der Niedermoore ist dementsprechend groß. Fieberklee (Menyanthes trifoliata), Fleischfarbenes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata) und Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris) sind im Niedermoor zuhause.

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Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris)

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Sumpfdotterblume (Caltha palustris)

Bruchwälder

Ungenutzte Niedermoore sind durch Bruchwald, Erlen- und Eschenwälder oder Feuchtgebüsche geprägt. Bruchwälder auf nährstoffreichen Standorten werden meistens von der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) dominiert, selten auch von Weiden. Typische Pflanzenarten der Krautschicht sind z. B. Walzen-Segge (Carex elongata), Sumpf-Segge (Carex acutiformis), Rispen-Segge (Carex paniculata), Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus), Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara), Sumpffarn (Thelypteris palustris) und Wasserminze (Mentha aquatica). In nährstoffarmen Bruchwäldern herrschen meist Birken (Betula pubescens, Betula pendula) vor, im Tiefland vielfach auch Kiefern (Pinus sylvestris) und in den höheren Lagen des Harzes auch die Fichte. Sie sind im Unterwuchs durch Torfmoose (Sphagnum spec.), Rauschbeere (Vaccinium uliginosum), Gagelstrauch (Myrica gale), Glocken-Heide (Erica tetralix), Wollgräser (Eriophorum) und Pfeifengräser (Molinia) gekennzeichnet. Häufig haben sich solche Bruchwälder auch aus entwässerten und partiell abgetorften Hochmooren entwickelt und zählen somit zu den degradierten Hochmooren und nicht zu den Niedermooren [10].

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Erlenbruchwald 

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 Birken- u. Kiefern-Bruchwald 

Die Riede und Röhrichte

Die in Flachwasser- und Uferzonen von Still- und Fließgewässern vorkommenden Großröhrichte, werden von Schilf (Phragmites), Rohrkolben (Typha), Wasser-Schwaden (Glyceria maxima), Rohr-Glanzgras (Phalaris arundinacea L.), Teichsimse (Schoenoplectus lacustris) oder Igelkolben (Sparganium) dominiert. Stellenweise sind sie mit Kleinröhrichten z. B. aus Sumpfbinse (Eleocharis palustris), Teich-Schachtelhalm (Equisetum fluviatile L.), Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica), Tannenwedel (Hippuris vulgaris) oder Pfeilkraut (Sagittaria) vergesellschaftet. Großseggen-Arten bilden Großseggenrieder und haben teils rasigen Wuchs, wie Schnabel-Segge (Carex rostrata), Faden-Segge (Carex lasiocarpa), Schlanke Segge (Carex acuta), Sumpf-Segge (Carex acutiformis), Ufer-Segge (Carex riparia), Zweizeilige Segge (Carex disticha) und Blasen-Segge (Carex vesicaria). Andere bilden durch ihren horstförmigen Wuchs bis zu 50 cm hohe Bulten, wie Rispen-Segge (Carex paniculata) und Steif-Segge (Carex elata). Röhrichte und Großseggenrieder sind vielfach ein wesentlicher Bestandteil von naturnahen Verlandungs- und Überflutungsmooren Niedersachsens [10].  Auch auf brachgefallenem Grünland auf Niedermoorstandorten können Riede und Röhrichte sehr langlebige Sukzessionsstadien bilden.

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Großseggenried

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Röhricht

Feucht- und Nassgrünland

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Dort wo einst Bruchwälder wuchsen, entstanden nach Rodungen und Nutzbarmachung Kulturlandschaften mit besonders hohem Wert. Feucht- und Nassgrünland hat sich durch ein- bis zweimalige Mahd oder Beweidung entlang von Bächen, in Quellbereichen oder auf staunassen Böden eingestellt. Zahlreiche Vorkommen von Seggen bzw. Sauergräsern und/oder Binsen, z. B. Schlanke Segge (Carex acuta), Sumpf-Segge (Carex acutiformis), Wiesen-Segge (Carex nigra), Blasen-Segge (Carex vesicaria), Flatter-Binse (Juncus effusus), Knäuel-Binse (Juncus conglomeratus), Spitzblütige Binse (Juncus acutiflorus), Sumpfbinse (Eleocharis palustris), Wald-Simse (Scirpus sylvaticus) sowie Ausprägungen mit Hochstauden wie Gewöhnlichem Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris), Wald Engelwurz (Angelica sylvestris), Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palustre), Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum), Echtem Mädesüß (Filipendula ulmaria), Kümmel-Silge (Selinum carvifolia), Sumpf-Haarstrang (Peucedanum palustre), Gelbe Wiesenraute (Thalictrum flavum) kennzeichnen diese Biotope. Weitere Kennarten sind z. B. Sumpfdotterblume (Caltha palustris), Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi), Sumpf-Hornklee (Lotus pedunculatus), Wasser Greiskraut (Jacobaea aquatica) oder Sumpf-Brenndolde (Selinum dubium[10].

Literatur

[1] Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010). Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. UTB.

[2] Glandt, D. (2010). Taschenlexikon der Reptilien und Amphibien. Alle Arten von den Kanarischen Inseln bis zum Ural. Wiesbaden: Quelle und Meyer.

[3] Glandt, D. & Jehle, R. (2008). Der Moorfrosch. Bielefeld: Laurenti.

[4] Göttlich, K. (1990). Moor- und Torfkunde. Stuttgart: Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.

[5] Heydemann, B. (1997). Neuer biologischer Atlas: Ökologie für Schleswig-Holstein und Hamburg. Neumünster: Wachholtz.

[6] Huk, T. & Kühne, B. (1999). Substrate selection by Carabus clatratus (Coleoptera, Carabidae) and its consequences for offspring development. Oecologia121(3), 348–354.

[7] Küster, H. (2022). Flora. Die ganze Welt der Pflanzen. München: C.H.Beck.

[8] Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein. (2015). Moore in Schleswig-Holstein. Geschichte - Bedeutung - Schutz (Bd. 23). Flintbek.

[9] Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. (2005). Beiträge zur Kreuzotter in Niedersachsen (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Hrsg.) (2). Hannover.

[10] Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. (2021). Gesetzlich geschützte Biotope und Landschaftsbestandteile in Niedersachsen. Beschreibung der nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG geschützten Biotoptypen sowie der nach § 22 Abs. 3 NAGBNatSchG landesweit geschützten Wallhecken (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen).

[11] Succow, M. (1988). Landschaftsökologische Moorkunde (Reihe Ökologie). Berlin [West], Stuttgart: Borntraeger.

[12] Thorsten, A., Wolfgang, D., Herbert, F., Stephan, G., Klaus, H., Thomas, H. et al. (2003). Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Sandlaufkäfer und Laufkäfer (Coleoptera: Cicindelidae et Carabidae) mit Gesamtartenverzeichnis (1 Aufl.) (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie, Hrsg.) (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 2). Hildesheim.

[13] Thorsten, K. & Knut, S. (2022). Rote Liste der Brutvögel Niedersachsens und Bremens (9 Aufl.) (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Hrsg.) (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 2). Hannover.

[14] Tiemeyer, B., Bechtold, M., Belting, S., Freibauer, A., Förster, C., Schubert, E. et al. (2017). Moorschutz in Deutschland - Optimierung des Moormanagements in Hinblick auf den Schutz der Biodiversität und der Ökosystemleistungen. Bewertungsinstrumente und Erhebung von Indikatoren (BfN-Skripten). Bonn - Bad Godesberg.

[15] Timmermann, T., Joosten, H. & Succow, M. (2016). Restaurierung von Mooren. In S. Zerbe & G. Wiegleb (Hrsg.), Renaturierung von Ökosystemen in Mitteleuropa (S. 55–93). Berlin: Springer Spektrum.

[16] Ulrich Lobenstein. (2004). Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Großschmetterlinge mit Gesamtartenverzeichnis (2 Aufl.) (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie, Hrsg.) (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 3). Hildesheim.

NLWKN: Lennard Heidberg (2023)