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Versorgungsleistungen von Mooren

Auf 14 % der Fläche von Niedersachsen sind kohlenstoffreiche Böden zu finden, wozu auch die großen Nieder- und Hochmoorflächen zählen [24]. Für die Bevölkerung aber waren die Moore lange nur Ödland und stellten räumliche Barrieren dar [20]. Daher leisteten sie lange Zeit keinen Beitrag zur menschlichen Versorgung. Zuerst wurden die Niedermoore, deutlich später auch die Hochmoore, landwirtschaftlich nutzbar gemacht oder für den Abbau von Torf verwendet. Bis in die 1980er Jahre hinein waren die meisten niedersächsischen Moore entwässert, melioriert und großflächig in Grünland oder Äcker umgewandelt. Durch die Moorkultivierung wurde neuer Siedlungsraum gewonnen und die Nahrungsgrundlage für eine wachsende Bevölkerung sichergestellt. Die Moorkultivierung war staatlich gewollt und wurde stark gefördert. Alleine für die Umsetzung des Emslandplans ab 1950 investierte der Staat in Form der Emsland GmbH rund 2 Mrd. D-Mark in die Ödlandkultivierung von Mooren und Heiden [22]. Dadurch sollten die Versorgungsleistungen aus entwässerten Mooren erhöht werden.

 

Landwirtschaftliche Nutzung

 

Heute befinden sich ca. 74 % der niedersächsischen Niedermoor- und 53 % der Hochmoorflächen in landwirtschaftlicher Nutzung [12]. In der Landwirtschaft gelten Moorböden als absolute Grünlandstandorte [3], auch heute noch werden etwa vier Fünftel der landwirtschaftlich genutzten Moore als Grünland und etwa ein Fünftel als Ackerland genutzt. Auf 8 % der Flächen sind Laub- und Nadelforste zu finden [12]. Auf Sandmischkulturen wird wegen der veränderten Schichtfolge und der guten Entwässerung vorwiegend Ackerbau betrieben. Häufig wird auf solchen Flächen Mais für die Tiermast oder die Bioenergieproduktion angebaut, lokal auch Getreide, Kartoffeln und andere Sonderkulturen [20]. Dennoch ist die Milchviehwirtschaft auf Grünland die bedeutendste landwirtschaftliche Versorgungsleistung des Ökosystems „entwässertes, genutztes Moor“. Alleine auf den Moorböden in der niedersächsischen Küstenregion werden 257.000 Milchkühe gehalten, mit einer Wertschöpfung von ca. 600 Mio. € pro Jahr [16].

 

Ressourcengewinnung

 

Viele Jahrhunderte lang war Torf, insbesondere der Schwarztorf, ein wichtiger fossiler Energieträger. Schwarztorf wurde großflächig abgebaut, um in privaten oder industriellen Maßstab zur Energiegewinnung verfeuert zu werden. Aufgrund der Erschließung effizienterer Energieträger, ist die Nutzung von Torf als Energieträger in den 1960er Jahren eingestellt worden [22]. Heute wird noch Weißtorf als wichtigster Bestandteile von Kultursubstraten in der Pflanzenbauindustrie eingesetzt. In Niedersachsen werden dafür jährlich noch etwa 4,6 bis 6,8 Mio. mWeißtorf (Stand: 2019) abgebaut [9]. Die Tendenz ist aber sinkend und der Bedarf wird durch Importe ausgeglichen [20].

 

Nutzung nasser Moore

 

Die gesellschaftlichen Vorteile und wirtschaftlichen Gewinne aus den Versorgungsleistungen der „entwässerten, genutzten Moore“ sollten nicht vergessen lassen, dass „naturnahe Moore“ durch die Kultivierungsmaßnahmen weitestgehend aus der niedersächsischen Landschaft verschwunden sind. Darüber hinaus verändern sich durch die Entwässerung die wasserregulierenden Eigenschaften der Moore, die im Zuge des sich verändernden Klimas eine immer größere Beachtung finden [5]. Daher werden inzwischen erste Projekte für die Etablierung landwirtschaftlicher Produktionsverfahren auf nassen Mooren (Paludikultur) initiiert. Durch die Bewirtschaftung der Flächen als Paludikulturen werden Versorgungsleistungen generiert, und dabei die regulierenden Leistungen des Ökosystems möglicherweise verbessert. Der Erfolg hängt allerdings von dem jeweiligen Moortyp sowie den angebauten Kulturen ab. Sollten diese Anbauverfahren wirtschaftlich konkurrenzfähig sein, könnten nasse Moore deutlich großflächiger erhalten werden [27].

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Bereitstellung von ausgewählten Versorgungsleistungen von Moorstandorten in Abhängigkeit von Wasserhaushalt und Nutzung. * gilt für naturnahe hydrologische Bedingungen. Erläuterung: positive Wirkung: +++ stark; ++ mittel; + vorhanden; negative Wirkung: --- stark; -- mittel; - vorhanden; keine Wirkung: 0; entwickelt sich über die Zeit: ~ (verändert nach [18]).
Literatur

[1] Amberger-Ochsenbauer, S., Meineken, E. (2020): Torf und alternative Substratausgangsstoffe. Bonn (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung; BLE).

[2] Bauerochse, A., & Metzler, A. (2015): Moore als Archive der Natur- und Kulturgeschichte – das Arbeitsgebiet der Moorarchäologie. TELMA, 5, 93-112.

[3] Boess, J., Fortmann, J., Müller, U., & Severin, K. (2011): Kriterienkatalog Nutzungsänderung von Grünlandstandorten in Niedersachsen. Oldenburg (Landwirtschaftskammer Niedersachsen). 

[4] Bonn, A., Allott, T., Evans, M., Joosten, H., & Stoneman, R. (2016): Peatland restoration and ecosystem services: An Introduction. In A. Bonn, T. Allott, M. Evans, H. Joosten & R. Stoneman (Hrsg.), Peatland Resotration and Ecosystem Services. Science, Policy and Practice (pp. 1-16). Cornwall (Cambridge University Press).

[5] DWD, Deutscher Wetterdienst (2018): Klimareport Niedersachsen. Fakten bis zur Gegenwart-Erwartungen für die Zukunft (pp. 52). Offenbach am Main.

[6] Verein Deutscher Naturparke e.V. (2019): Strukturen, Leistungen und Perspektiven der Naturparke in Niedersachsen. Bonn (Verband Deutscher Naturparke e.V.).

[7] Verein Deutscher Naturparke e.V. (2018): Naturparke in Deutschland 2030 - Aufgaben und Ziele. 4. Fortschreibung, beschlossen auf der Mitgliederversammlung am 18.09.2022.

[8] VDI - Verein Deutscher Ingenieure (2022): VDI-Fachbereich Bionik. Internet: https://www.vdi.de/tg-fachgesellschaften/vdi-gesellschaft-technologies-of-life-sciences/bionik

[9] Höper, H. (2022): Rohstoffbericht Niedersachsen. Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. (unveröffentlicht, mündliche Mitteilung).

[10] Ickerodt, U. (2008): "Oh schaurig ist's, übers Moor zu gehen" - Zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Moorleichenfundes "Moora", dem Mädchen aus dem Uchter Moor, am Beispiel von Film und Belletrstik. In A. Bauerochse, Hassmann, H. & Püschel, K. (Hrsg.), "Moora" - Das Mädchen aus dem uchter Moor. Eine Moorleiche der Eisenzeit aus Niedersachsen I. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschcihte Niedersachsens (Vol. 37, pp. 117-136). Rahmen/Westfalen.

[11] Joosten, H., Sirin, A., Couwenberg, J., Laine, J., & Smith , P. (2016): The role of peatlands in climate regulation In A. Bonn, T. Allott, M. Evans, H. Joosten & R. Stoneman (Hrsg.), Peatland Resotration and Ecosystem Services. Science, Policy and Practice. Cornwall (Cambridge University Press).

[12] NIBIS® Kartenserver (2022): Kohlenstoffreiche Böden in Niedersachsen - Landnutzung nach ATKIS® (ATKISH).

[13] NIBIS® Kartenserver (2022): Treibhausgasemissionen der kohlenstoffreichen Böden in Niedersachsen (BHK50THG).

[14] BTE Tourismus- und Regionalberatung PartG mdB (2016): Naturtourismus in Deutschland 2016. Berlin.

[15] Millennium Eocosystem Assessment (MA). (2005): Ecosystems and Human Well-being. Synthesis. (pp. 137). Washington D.C: (Island Press).

[16] Minßen, F.-J., Klinck, L., & Krause, A. (2022): Zukunft der Moorstandorte in Niedersachsen. Fakten, Fragen, Handlungsansätze. (pp. 51). Ovelgünne (Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen e.V.). 

[17] Naturkapital Deutschland - TEEB DE (2012): Der Wert der Natur für Wirtschaft und Gesellschaft. Eine Einführung. (pp. 90) (München, ifuplan; Leipzig, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ, Bonn, Bundesamt für Naturschutz). 

[18] Naturkapital Deutschland - TEEB DE (2015): Naturkapital und Klimapolitik - Synergien und Konflikte. Berlin, Leipzig (Technische Universität Berlin, Helmholtzzentrum für Umweltforschung UFZ). 

[19] Naturkapital Deutschland - TEEB DE. (2018): Werte der Natur aufzeigen und in Entscheidungen integrieren - Eine Synthese. Leipzig (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ). 

[20] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. (2016): Programm Niedersächsische Moorlandschaften (pp. 71). Hannover (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz).

[21] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (2022): Niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandeks 2021. Hannover.

[22] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2010): Moorland. Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen (Industrieverband Garten e.V.).

[23] Succow, M. J., Lebrecht. (2022): Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft. Rangsdorf (Natur+Text GmbH).

[24] Tegetmeyer, C., Bathelmes, K.-D., Busse, S. & Barthelmes, A. (2021): Aggregierte Karte der organischen Böden Deutschlands. Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe  01/2021, 10.

[25] Tiemeyer, B., Bechtold, M., Belting, S., Freibauer, A., Förster, C., Schubert, E., Dettmann, U., Frank, S., Fuchs, D., Gelbrecht, J., Jeuther, B., Laggner, A., Rosinski, E., Leiber-Sauheitl, K., Sachtleben, J., Zak, D., & Drösler, M. (2017): Moorschutz in Deutschland – Optimierung des Moormanagements in Hinblick auf den Schutz der Biodiversität und der Ökosystemleistungen. Bewertungsinstrumente und Erhebung von Indikatoren. (Vol. BfN-Skripten pp. 319)(Bundesamt für Naturschutz). 

[26] Umweltbundesamt. (2021): Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen. Internet: https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen#umweltkosten-von-baustoffen

[27] Wichmann, S., Nordt, A., & Schäfer, A. (2022): Lösungsansätze zum Erreichen der Klimaschutzziele und Kosten für die Umstellung auf Paludikultur. Hintergrundpapier zur Studie „Anreize für Paludikultur zur Umsetzung der Klimaschutzziele 2030 und 2050". Berlin (Deutsche Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt (DEHSt). 

[28] Zak, D., Steffenhagen, P., Gelbracht, J. (2010): Boden- und wasserchemische Veränderungen in degradierten Torfmoosmooren und Möglichkeiten ihrer Restaurierung unter Naturschutzaspekten – dargestellt am Beispiel Berliner Moore. TELMA, 39, 119-138.

[29] Zak, D., Wagner, C., Payer, B., Augustin, J., & Gelbrecht, J. (2010): Phosphorus mobilization in rewetted fens: the effect of altered peat properties and implications for their restoration. Ecological Applications, 20(5), 1336-1349.

LBEG: Paul Matras (2022)

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