Funde von Kleidung und Schuhen in Mooren 

Viele Moorleichen wurden nackt aufgefunden, was aber nicht heißt, dass sie auch so ins Moor gelangt waren. Im Hochmoor werden Pflanzenfasern, wie Kleidung aus Leinenstoffen, vollständig zersetzt. Nur Kleidung aus Wolle oder aus Leder und Fell konnte sich dort erhalten. Typische Kleidungsstücke sind Umhänge aus Wolle oder Leder bzw. Fell. Ihr Spektrum reicht von prächtigen, mit Brettchenweberei und Fransen verzierten, feinem Wollgewebe bis zu warmen, mit Fell belassenen Lederumhängen [9, 21]. Zu den vollständigsten und interessantesten Kleiderausstattungen gehört die Kleidung der frühmittelalterlichen Moorleiche von Bernuthsfeld. Zur Kleidung gehörten: ein knielanges, gerade geschnittenes, patchworkartig zusammengesetztes, als Mantel, Tunika, Ärmelrock oder Kittel bezeichnetes Obergewand, eine (heute verlorene) Kapuze, ein viereckiges Schultertuch, eine als Mantel getragene Decke mit Fransen und zwei lange wollene, wohl als Wickelgamaschen getragene Binden sowie Woll- und Lederschnüre [14]. Die stark abgetragenen und geflickten Stücke vermitteln einen völlig anderen Eindruck als das, was von mittelalterlichen Darstellungen bekannt ist.

Auch wenn man die meisten Bekleidungstücke im Zusammenhang mit Moorleichen entdeckte, wurden auch immer wieder einzelne Objekte im Umfeld von Bohlenwegen geborgen, insbesondere Lederschuhe. Die Schuhe, vor allem aus der Vorrömischen Eisenzeit und der Römischen Kaiserzeit, also den Jahrhunderten vor und nach der Zeitenwende stammen, sind allesamt mit großem handwerklichen Geschick hergestellte Einzelstücke [9].

Tunika des Mannes aus Bernuthsfeld_16_9_.jpg
Die aus vielen unterschiedlichen und geflickten Webstoffen gefertigte Tunika des Mannes von Bernuthsfeld (ca. 700 n.Chr.) lässt erahnen, welche Wertschätzung die aufwendig herzustellenden Textilen früher genossen.
Literatur

[1] Bauerochse, A., Haßmann, H., Püschel, K., Schultz, M. (2018): „Moora“ – Das Mädchen aus dem Uchter Moor. Eine Moorleiche der Eisenzeit aus Niedersachsen II. Naturwissenschaftliche Ergebnisse Naturwissenschaftliche Ergebnisse. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Vol. 47). Rahden/Westf.

[2] Bauerochse, A., Leuschner, H. H., & Metzler, A. (2012): Das Campemoor im Neolithikum. Jahrbuch für das Oldenburger Münsterland, 61, 135–154.

[3] Bauerochse, A., & Metzler, A. (2005): Das „Mädchen aus dem Uchter Moor" - erste Moorleiche Niedersachsens seit fünfzig Jahren gefunden Denkmalpflege in Niedersachsen (Vol. 3, pp. 66-69).

[4] Bauerochse, A., & Metzler, A. (2015): Moore als Archive der Natur- und Kulturgeschichte – das Arbeitsgebiet der Moorarchäologie. TELMA, 5, 93-112.

[5] Both, F., & Fansa, M. (2011): Geschichte der Moorwegforschung zwischen Weser und Ems. In M. Fansa & F. Both (Hrsg.), „O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehen“. 220 Jahre Moorarchäologie (Vol. 79, pp. 43–188). Darmstadt.

[6] Both, F., Fansa, M., Jopp, E., Schultz, M., & Püschel, K. (2010): Der Junge von Kayhausen und die Haut aus dem Bareler Moor. Neue Untersuchungsergebnisse. Sonderausgabe aus dem Museumsjournal Natur und Mensch Naturkunde, Kulturkunde, Museumskunde (Vol. 6). Oldenburg.

[7] Burmeister, S. (2013): Moorleichen – Sonderbestattungen, Strafjustiz, Opfer? Annäherungen an eine kulturgeschichtliche Deutung. Paper presented at the ‚Irreguläre‘ Bestattungen in der Urgeschichte: Norm, Ritual, Strafe…?. RGK, Kolloquien zur Vor- und Frühgesch., Bonn.

[8] Eisenbeiß, S. (1994): Berichte über Moorleichen aus Niedersachsen im Nachlass von Alfred Dieck. Die Kunde N.F. (pp. 91–120).

[9] Gräf, J. (2015): Lederfunde der Vorrömischen Eisenzeit und Römischen Kaiserzeit aus Nordwestdeutschland Studien zur Landschafts- und Siedlungsgeschichte im südlichen Nordseegebiet (Vol. 7). Rahden/Westf.

[10] Hayen, H. (1977): Der Bohlenweg VI (Pr) im Grossen Moor am Dümmer. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Vol. 15). Hildesheim.

[11] Hayen, H. (1989): Bau und Funktion der hölzernen Moorwege: Einige Fakten und Folgerungen. Göttingen).

[12] Hayen, H. (1990): Moorarchäologie. In K. Göttlich (Hrsg.), Moor- und Torfkunde (pp. 156-174). Stuttgart (Schweizerbart.

[13] Hesse, S. (2008): Räder, Wagen und Wege im Moor. Funde aus dem Teufelsmoor zwischen Gnarrenburg und Karlshöfen. Archäologie in Niedersachsen, 11, 37–39.

[14] Heumüller, M. (2019): Archäologielandschaft Moor. Aktivitätsraum abseits des täglichen Lebens. Archäologie in Niedersachsen 22, 21-26.

[15] Heumüller, M., Abbentheren, E., & Melisch, C. (2021): Aschen. FStNr. 30 - Bohlenweg Pr 6. Fundchronik Niedersachsen 2019, 24.

[16] Heumüller, M., Hesse, S., Neumann, I., & Abbentheren, E. (2020): Karlshöfen Fundstelle 18, Gde. Gnarrenburg, Ldkr. Rotenburg (Wümme). Fundchronik Niedersachsen, 23, 255–258.

[17] Kossian, R. (2007): Hunte 1. Ein mittel- bis spätneolithischer und frühbronzezeitlicher Siedlungsplatz am Dümmer, Ldkr. Diepholz (Niedersachsen) Veröffentlichungen der archäologischen Sammlungen des Landesmuseums Hannover (Vol. 52).

[18] Müller, J. (2012). Research on Neolithic and Early Bronze Age wetland sites on north European plain. Paper presented at the Proceedings from the Munro International Seminar: The Lake Dwellings of Europe, Edinburgh

[19] Overbeck, F. T. (1975): Botanisch-geologische Moorkunde. Neumünster (Wachholtz Verlag).

[20] Püschel, K., Jopp-van Well, E., Jahn, W., Haßmann, H., Schultz, M., & Bauerochse, A. (2019): „Bernie“ – Die Moorleiche von Bernuthsfeld. Ergebnisse der interdisziplinären Erforschung und Rekonstruktion eines frühmittelalterlichen Fundkomplexes aus Ostfriesland Materialhefte zur Ur- u. Frühgeschichte Niedersachsens (Vol. 57). Rahden/Westf.

[21] van der Sanden, W. (1996): Mumien aus dem Moor. Die vor- und frühgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa. Amsterdam).

NLD: Dr. Marion Heumüller (2021)

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