Die Fauna der Hochmoore

Allein wegen der Torfstruktur des Bodens sind zahlreiche Insektenarten an Moore gebunden [6]. In den „naturnahen Hoch- und Übergangsmooren“ bis zu den „Moorheiden“ (vgl. Biotope) leben eine Vielzahl an Käferarten. Auffällig ist das starke Vorherrschen der Laufkäferarten (Carabidae), wie z.B. des Heidelaufkäfers (Carabus nitens)einer stark gefährdeten Art der trockenen Moorheide-Degenerationsstadien. Der Hochmoor-Glanzflachläufer (Agonum ericeti) ist vom Aussterben bedroht und zählt zu den tyrphobionten Arten. Dies bedeutet, dass er eng an den Lebensraum eines naturnahen Hochmoores gebunden ist [12]

Auch einige Libellenarten haben eine enge Bindung an das Hochmoor. Typische Libellen für das oligotrophe Hochmoor sind Hochmoor-Mosaikjungfer (Aeshna subarctica), Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora alpestris), Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora arctica), Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia) und Nordische Moosjungfer (Leucorrhinia rubicunda). Daneben können in – vor allem gestörten – Hochmooren weitere Libellenarten auftreten, die ansonsten auch andere Lebensräume besiedeln. 

Zahlreiche Tagfalter sind ebenfalls auf Hochmoore spezialisiert. Hochmoor-Bläuling (Plebeius optilete), Hochmoor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris) und Großes Wiesenvögelchen (Coenonympha tullia) sind teilweise stark an spezielle Pflanzen gebunden [16]. So ist beispielsweise die Ernährung der Raupen des Hochmoor-Bläulings an Rauschbeere und Gewöhnliche Moosbeere sowie die des Hochmoor-Perlmutterfalters an die Gewöhnliche Moosbeere gebunden [4].

 

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Hochmoor-Bläuling (Plebeius optilete)

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Hochmoor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris)

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Moorfrosch (Rana arvalis)

Die einheimischen Amphibien und Reptilien besitzen keine obligate Bindung an einen bestimmten Moortyp. Für Amphibien spielt vor allem die Existenz von Gewässern zur Fortpflanzung eine entscheidende Rolle. Der fehlende oder geringere Prädationsdruck durch Fische in Moorgewässern kann sich dabei positiv auf den Reproduktionserfolg auswirken [2]

Als limitierender Faktor vor allem in Hochmoorgewässern ist der pH-Wert zu nennen, wobei der Moorfrosch (Rana arvalis) von den einheimischen Amphibienarten die größte Säuretoleranz besitzt [3].

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Kreuzotter (Vipera berus)

Voraussetzung für das Vorkommen der Kreuzotter (Vipera berus) ist ein vielfältiges Mosaik an Strukturen. Kleinräumiger Wechsel im Geländerelief und das Vorhandensein eines Vegetationsmosaiks spielen eine entscheidende Rolle bei der Habitatwahl [9]. Für die Thermoregulation unter verschiedenen Witterungsbedingungen benötigt die Kreuzotter Feuchte- und Temperaturgradienten, welche sich in naturnahen Hochmooren kleinräumig durch Bulten- und Schlenkenkomplexe und großräumig durch die Verzahnung der Moorflächen mit Binnendünen oder Geestkernen vorfinden [8]. In anthropogen veränderten Gebieten finden sich entsprechende Bedingungen vor allem in offenen bis halboffenen kleinräumig parzellierten Handtorfstichkomplexen von Hochmooren. Die stark gefährdete Schlingnatter (Coronella austriaca) kommt unter anderem in Restmooren Niedersachsens vor.

Generell nur an Hochmoorbiotope gebundene Vogelarten gibt es kaum. Der Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) kann als charakteristische Vogelart für Hochmoore genannt werden. Aktuell gibt es jedoch keine nachweislichen Brutvorkommen in Niedersachsen mehr (vgl. Rote Liste Fauna). Allerdings kommen zahlreiche Arten in Niedersachsen fast nur noch in Moorbiotopen vor, da die drastische Verringerung an Feuchtlebensräumen den verbliebenen Hoch- und Niedermoor-Resten eine besondere Bedeutung als Ersatzlebensraum für die in der einstigen Kulturlandschaft noch häufigen Vogelarten zukommen lässt [5]. Genannt seien Sumpfohreule (Asio flammeus), Großer Brachvogel (Numenius arquata), Kranich (Grus grus),  Rotschenkel (Tringa totanus), Wiesenpieper (Anthus pratensis), Krickente (Anas crecca) und Knäkente (Spatula querquedula).  Charakterarten der naturnahen und mäßig degradierten Hochmoore sind bei Vorhandensein von Moorgewässern auch Sturmmöwe (Larus canus) und Bekassine (Gallinago gallinago).  In trockeneren stärker degradierten Moorheidestadien kann auch das in Niedersachsen vom Aussterben bedrohte Birkhuhn (Lyrurus tetrix) einen Ersatzlebensraum finden.

Literatur

[1] Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010). Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. UTB.

[2] Glandt, D. (2010). Taschenlexikon der Reptilien und Amphibien. Alle Arten von den Kanarischen Inseln bis zum Ural. Wiesbaden: Quelle und Meyer.

[3] Glandt, D. & Jehle, R. (2008). Der Moorfrosch. Bielefeld: Laurenti.

[4] Göttlich, K. (1990). Moor- und Torfkunde. Stuttgart: Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.

[5] Heydemann, B. (1997). Neuer biologischer Atlas: Ökologie für Schleswig-Holstein und Hamburg. Neumünster: Wachholtz.

[6] Huk, T. & Kühne, B. (1999). Substrate selection by Carabus clatratus (Coleoptera, Carabidae) and its consequences for offspring development. Oecologia121(3), 348–354.

[7] Küster, H. (2022). Flora. Die ganze Welt der Pflanzen. München: C.H.Beck.

[8] Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein. (2015). Moore in Schleswig-Holstein. Geschichte - Bedeutung - Schutz (Bd. 23). Flintbek.

[9] Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. (2005). Beiträge zur Kreuzotter in Niedersachsen (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Hrsg.) (2). Hannover.

[10] Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. (2021). Gesetzlich geschützte Biotope und Landschaftsbestandteile in Niedersachsen. Beschreibung der nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG geschützten Biotoptypen sowie der nach § 22 Abs. 3 NAGBNatSchG landesweit geschützten Wallhecken (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen).

[11] Succow, M. (1988). Landschaftsökologische Moorkunde (Reihe Ökologie). Berlin [West], Stuttgart: Borntraeger.

[12] Thorsten, A., Wolfgang, D., Herbert, F., Stephan, G., Klaus, H., Thomas, H. et al. (2003). Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Sandlaufkäfer und Laufkäfer (Coleoptera: Cicindelidae et Carabidae) mit Gesamtartenverzeichnis (1 Aufl.) (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie, Hrsg.) (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 2). Hildesheim.

[13] Thorsten, K. & Knut, S. (2022). Rote Liste der Brutvögel Niedersachsens und Bremens (9 Aufl.) (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Hrsg.) (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 2). Hannover.

[14] Tiemeyer, B., Bechtold, M., Belting, S., Freibauer, A., Förster, C., Schubert, E. et al. (2017). Moorschutz in Deutschland - Optimierung des Moormanagements in Hinblick auf den Schutz der Biodiversität und der Ökosystemleistungen. Bewertungsinstrumente und Erhebung von Indikatoren (BfN-Skripten). Bonn - Bad Godesberg.

[15] Timmermann, T., Joosten, H. & Succow, M. (2016). Restaurierung von Mooren. In S. Zerbe & G. Wiegleb (Hrsg.), Renaturierung von Ökosystemen in Mitteleuropa (S. 55–93). Berlin: Springer Spektrum.

[16] Ulrich Lobenstein. (2004). Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Großschmetterlinge mit Gesamtartenverzeichnis (2 Aufl.) (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie, Hrsg.) (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 3). Hildesheim.

NLWKN: Lennard Heidberg (2023)