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Kultivierung der Niedermoore

Ab dem 11. Jahrhundert: Niedermoorschwarzkultur

Vergleichsweise früh wurden die Niedermoore landwirtschaftlich genutzt. Durch Gräben wurden zuerst die Randbereiche entwässert, um sie in der sogenannte Niedermoorschwarzkultur als Grünland zu bewirtschaften. Die Bewirtschaftung erfolgte als Wiese oder Weide direkt auf dem Torf der Moorböden [10]. Die trockengelegten Moorflächen wurden einmalig gepflügt, durch Düngung aufgewertet und saure Niedermoore (pH < 4,5) zusätzlich gekalkt [1]. Im 11./12. Jahrhundert begannen zuerst Mönche verschiedener Ordensgemeinschaften, die trockeneren Randbereiche größerer Niedermoore zu besiedeln und zu kultivieren [1]. Allein in Ostfriesland wurden in dieser Zeit über 30 Klöster am Rande von Mooren gegründet. Die Moorflächen gelangten so in den Besitz von Kirche und Adel. Die Vergabe von Torfstichrechten sowie die Jagd- und Holznutzung in den Mooren wurden zu wichtigen Einnahmequellen [10].

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Weidenutzung auf Niedermoor.

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Fahrspuren bei Schwarzkultur.

Ab dem Ende des 19. Jahrhundert: Sanddeckkultur

Zum Ende des 19. Jahrhundert wurde damit begonnen, entwässerte Niedermoore mit Sand zu bedecken. Dies wird als Sanddeckkultur oder auch als Moordammkultur bezeichnet und verbesserte die Bodenqualität sowie die Trittfestigkeit auf den Niedermoorflächen erheblich. Der Sand wurde aus umliegenden Entwässerungsgräben entnommen und mit einer Mächtigkeit von 12 – 20 cm auf den Niedermoorboden aufgetragen. Die Bedeckung mit Sand hat einige ackerbauliche Vorteile gegenüber der reinen Schwarzkultur, wie z.B. eine bessere Belüftung und Entwässerung des Oberbodens und die Abmilderung der Schäden von Spätfrösten. Durch die Sanddeckkultur war in den ersten Jahren eine ackerbauliche Nutzung möglich. Durch die Sackung der Torfe nach der Entwässerung und das regelmäßige Einpflügen der liegenden Torfe in die Sanddecke, nahm die Vorflut ab und die Qualität des Oberbodens verschlechterte sich, sodass bald nur noch eine Grünlandnutzung infrage kam [1].

20. Jahrhundert: Tiefpflugsanddeckkultur

Im 20. Jahrhundert etablierte sich eine neue Technik, bei der eine Sandüberdeckung unter Einsatz eines speziellen Pfluges erzielt wurde. Bei geringmächtigen Niedermooren (< 80 cm) wurde die spezielle Pflugtechnik des Stufenpfluges eingesetzt, bei der der Boden zuerst mit einem Tiefpflugkörper aufgerissen wird. Ein nachgeschalteter Nachschäler kippt den aufliegenden Niedermoortof in die Pflugfurche, bevor ein zweiter Tiefpflug den unterliegenden Sand an die Oberfläche fördert. Somit kommt die Tiefpflugsanddeckkultur zu ihrem Namen. Der Boden wird dabei gewendet und die Niedermoortorfe unter einer mindestens 30 cm mächtigen Sanddecke vergraben. Eine Vermischung von Niedermoortorf und dem Sand im Oberboden, auch bei regelmäßiger Bodenbearbeitung, sollte so vermieden werden, um die negativen Auswirkungen einer einfachen Sanddeckkultur zu vermeiden [8]. Die Tiefpflugsanddeckkulturen ermöglichten eine langfristige ackerbauliche Nutzung auf den umgebrochenen Niedermoorstandorten [1].

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Maisanbau auf Niedermoor, die flache Sanddecke ist durch Pflugtätigkeit mit dem Torf vermischt.

Niedermoor unter mächtiger Sanddecke
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Niedermoor unter einer mächtigen Sanddecke, Standort mit Erlenforst bestockt.

Literatur

[1] Blankenburg, J. (2015): Die landwirtschaftliche Nutzung von Mooren in Nordwestdeutschland. TELMA, 5, 39-58.

[2] Boess, J., Fortmann, J., Müller, U., & Severin, K. (2011): Kriterienkatalog Nutzungsänderung von Grünlandstandorten in Niedersachsen. Oldenburg (Landwirtschaftskammer Niedersachsen). 

[3] Göttlich, K., & Kuntze, H. (1990): Moorkultivierung für Land- und Forstwirtschaft. In K. Göttlich (Hrsg.), Moor- und Torfkunde Stuttgart (E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung). 

[4] Günther, J. (2012): Die Moorbrandkultur und der Buchweizenanbau als eine frühe Form der landwirtschaftlichen Hochmoornutzung in Nordwestdeutschland. TELMA, 42, 57 - 70. 

[5] Haverkamp, M. (2011): Binnenkolonisierung, Moorkultivierung und Torfwirtschaft im Emsland unter besonderer Berücksichtigung des südlichen Bourtanger Moores – Entwicklungslinien und Forschungsstand. TELMA, 41, 257-282.

[6] NIBIS® Kartenserver (2022): Boden- und Moorkarte des Emslandes (BMK5).

[7] NIBIS® Kartenserver (2022): Kohlenstoffreiche Böden in Niedersachsen - Landnutzung nach ATKIS® (ATKISH).

[8] Kuntze, H. (1974): Meliorationsbeispiel Sandmischkultur. Kolloquiumsbeitrag zum Thema: Meliorative Bodenbearbeitung.

[9] Rösel, L. R., F. (2020): Einfluss der Moorflächen auf die Besiedlung Niedersachsen zwischen 1821 und 2018. TELMA, 50, 29-44.

[10] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2010): Moorland. Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen (Industrieverband Garten e.V.).

[11] Schmatzler, E. (2015): Moornutzung und Moorschutz in Niedersachsen – Geschichtlicher Rückblick und zukünftige Entwicklung. TELMA, Beiheft 5, 19-38. 

[12] Zeitz, J. (2003): Moorkulturen. In H.-P. Blume, P. Felix-Henningsen, H.-G. Frede, G. Guggenberger, R. Horn & K. Stahr (Hrsg.), Handbuch der Bodenkunde, Loseblattsammlung: 1-36. Landsberg/Lech.

Martha Graf (LBEG), Vera Bruns & Paul Matras (LBEG) (2022)

Zu: Kultivierungsgeschichte der Moore

   Zu: Kultivierung der Niedermoore

   Zu: Kultivierung der Hochmoore