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© Krüger
Eine neue Kulturlandschaft in den Mooren

Die Moorkolonisation in Niedersachsen drängte die natürlichen Moore erheblich zurück und wandelte diese in landwirtschaftliche Nutz- und in neue Siedlungsfläche um. Die ehemaligen Moore wurden so nach und nach zur Heimat für die dort lebenden Menschen. Wie entlegen die damaligen Siedlungen teilweise im Moor gelegen haben, zeigt das Beispiel des Saterlands. Nur dort wird von ca. 2.000 Menschen das Saterfriesisch gesprochen. Die Sprache ist so kleinräumig verbreitet, dass das Saterland 1991 als „kleinste Sprachinsel Europas“ in die Guinness-World-Records aufgenommen wurde. Die Insellage ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen, da das Saterland auf einem 16 Kilometer langen Geest-Rücken liegt und lange Zeit umgeben von großflächigen Hochmooren war. Vor der Moorkultivierung war das Saterland als „Geestinsel“ nur mit dem Schiff zu erreichen [19]. Diese Abgeschiedenheit hat die Sprache des Saterfriesischen am Leben gehalten und wird auch in der 6. Strophe des Seelterläid (Saterlied) besungen: „Seelterlound, du läist ousleten, fon de Wareld gans ferjeten. Man din Faan häd uus uk heelden fräi fon Fäinde, kriech un Nood“.

 

Im Laufe der Zeit sind aus den einst großen Moorkomplexen landwirtschaftlich überprägte Moorkulturlandschaften geworden. Je nach Kultivierungs- und Kolonisationsweise sind unterschiedliche regionale Kulturlandschaften mit ihren ganz besonderen Eigenarten entstanden. Deren Erhalt ist in Niedersachsen von hoher Bedeutung. Die Fehnsiedlungen mit Kanälen, Schleusen und Klappbrücken sind eine typische Kulturlandschaft im Nordwesten Niedersachsens. Die Findorff-Siedlungen hingegen sind mit ihren von Gräben und Birkenalleen begleiteten Straßen vor allem im Umkreis des Teufelsmoores (560) nördlich von Bremen verbreitet  [21].

 

Die Schönheit der teilentwässerten Moorkulturlandschaft um die Findorff-Siedlungen wurde insbesondere von der „Worpsweder Malerschule“ um den Maler Fritz Mackensen anerkannt und in vielen Gemälden dargestellt. Bei einem Besuch der Moorsiedlung Worpswede, die damals noch einsam und abgeschiedenen im Teufelsmoor liegt, verliebte sich Fritz Mackensen in die dortige Landschaft. Mit ihm kamen kurze Zeit später 1889 die Maler Otto Modersohn, Hans am Ende und etwas später auch Paula Modersohn-Becker, Heinrich Vogler und Fritz Overbeck dazu [20]. Einst durch die dortige Moorkulturlandschaft inspiriert, zog es nun Künstlerinnen und Künstler nach Worpswede, welches daraufhin als Künstlerdorf bekannt wurde. Als solches ist Worpswede auch heute noch weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt und lockt noch immer junge Kunstschaffende an.

Literatur

[1] Bauerochse, A., Haßmann, H., Püschel, K., Schultz, M. (2018): „Moora“ – Das Mädchen aus dem Uchter Moor. Eine Moorleiche der Eisenzeit aus Niedersachsen II. Naturwissenschaftliche Ergebnisse Naturwissenschaftliche Ergebnisse. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Vol. 47). Rahden/Westf.

[2] Bauerochse, A., Leuschner, H. H., & Metzler, A. (2012): Das Campemoor im Neolithikum. Jahrbuch für das Oldenburger Münsterland, 61, 135–154.

[3] Bauerochse, A., & Metzler, A. (2015): Moore als Archive der Natur- und Kulturgeschichte – das Arbeitsgebiet der Moorarchäologie. TELMA, 5, 93-112.

[4] Capelle, T. (1995): Antropomorphe Holzidole in Mittel- und Nordeuropa. Stockholm (Almquist & Wiksell International).

[5] de Klerk, P., Hettings, J., Musäus, I., & Joosten, H. (2022): Zitternde Böden und brennender Schlamm: Die Wahrnehmung von Moor und Torf bei den Römern. Telma (unveröffentlicht)

[6] Degner, J. H. (1731): Teutschlands neu-entdeckte Goldgrube. Frankfurt (Fleischer).

[7] Verein Deutscher Naturparke e.V. (2019): Strukturen, Leistungen und Perspektiven der Naturparke in Niedersachsen. Bonn (Verband Deutscher Naturparke e.V.). 

[8] Günther, J. (2012): Die Moorbrandkultur und der Buchweizenanbau als eine frühe Form der landwirtschaftlichen Hochmoornutzung in Nordwestdeutschland. TELMA, 42, 57 - 70.

[9] Haverkamp, M. (2011): Binnenkolonisierung, Moorkultivierung und Torfwirtschaft im Emsland unter besonderer Berücksichtigung des südlichen Bourtanger Moores – Entwicklungslinien und Forschungsstand. TELMA, 41, 257-282.

[10] Hayen, H. (1971): Hölzerne Kultfiguren am Bohlenweg XLII (IP) im Wittenmoor (Gemeinde Berne, Landkreis Wesermarsch). Die Kunde N.F:, 22, 88-123.

[11] NIBIS® Kartenserver (2022). Kohlenstoffreichen Böden 1 : 50 000 (BHK50). - Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG).

[12] Meyers Großes Konversations-Lexikon (1907): Irrlichter (Vol. 10). Leipzig.

[13] BTE Tourismus- und Regionalberatung PartG mbB (2016): Naturtourismus in Deutschland 2016. Berlin.

[14] Minßen, F.-J., Klinck, L., & Krause, A. (2022): Zukunft der Moorstandorte in Niedersachsen. Fakten, Fragen, Handlungsansätze. Ovelgünne (Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen e.V.). 

[15] Umweltkartenserver Niedersachsen (2022). Naturschutzrechtlich geschützte Moore.

[16] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (2016): Programm Niedersächsische Moorlandschaften. Hannover (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz).

[17] Overbeck, F. (1979): Das Große Moorlied. TELMA, 9, 275-286.

[18] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2010): Moorland. Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen (Industrieverband Garten e.V.).

[19] Slofstra, B. & Hoeskstra, E. (2022): Sprachlehre des Saterfriesischen 2022. Saterland (Fryske Akademy-Nümer 1137).

[20] Succow, M. & Jeschke, L. (2022): Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft. Rangsdorf (Natur+Text GmbH).

[21] Wiegand, C. (2019): Kulturlandschaftsräume und historische Kuturlandschaften landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Naturschutz und Landespflege in Niedersachsen, 49, 338.