*Dieser Text ist ein Auszug aus dem Text Steckbriefe Moorsubstrate, 2. Auflage und wurde für die Niedersächsische Verhältnisse angepasst (Luthardt, Schulz, & Meier-Uhlher, 2015).
Torf ist per Definition ein auf wassergesättigten Standorten angereichertes, sedentäres (= von unten nach oben aufwachsendes) Substrat von mehr als 30 Prozent organischer Substanz in der Trockenmasse. Das heißt mehr als 30 % des getrockneten Bodensubstrats besteht überwiegend aus abgestorbenen, unvollständig zersetzten Pflanzenresten und ihren Umwandlungsprodukten, den Huminstoffen nach AG Boden[1].
Wie auch bei den Mooren, kann eine Gliederung der Torfe von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen, z.B. vom Chemismus, vom Grad der Zersetzung, dem Alter, der botanischen Zusammensetzung, der Struktur oder anderen physikalischen Kennwerten [16].
Seit begonnen wurde, Torfe voneinander zu unterscheiden, dienten in erster Linie verschiedene Pflanzenreste als Grundlage. „Diese Bedeutung der Pflanzenreste für Torfansprache und -gliederung erscheint fast selbstverständlich, denn schließlich sind es die Überreste der torfbildenden Pflanzen, aus denen die Ablagerung Torf besteht“[7]. Daher eignet sich die botanische Zusammensetzung der Torfe als oberstes Gliederungsprinzip, zumal dieses Kriterium im Gegensatz zu z.B. chemischen Parametern bereits im Gelände angewendet werden kann [7]. Die drei Hauptkategorien der botanischen Gliederung sind: Moostorfe, Kräutertorfe und Holztorfe.
Übersicht der in Torfen erhaltungsfähigen Pflanzenreste verschiedener Pflanzengruppen (blaue Färbung) (in Anlehnung an Michaelis [13]).
Die botanische Torfzusammensetzung ist nicht zwangsläufig ein genaues Abbild derjenigen Vegetationsgemeinschaft, die den Torf ursprünglich gebildet hat. Dennoch können durchaus enge Vergleiche zwischen Torfen und aktuell auftretenden Pflanzengemeinschaften mit ähnlicher Artenzusammensetzung gezogen werden [7]. Dieser Vergleich mit den heutigen Standortansprüchen der Pflanzen erlaubt somit auch Rückschlüsse auf einst herrschende ökologische und hydrologische Bedingungen (Nährstoff- und Säure-Basen-Verhältnisse, Wasserhaushalt).
Außerdem ist zu beachten, dass von den zersetzungsresistenteren Arten meistens nicht die vollständigen Pflanzen erhalten bleiben, sondern nur gewisse Teile: Bei holzigen Gefäßpflanzen finden sich überwiegend Wurzelstücke; Stamm- und Astholz ist häufig der Zersetzung unterlegen (Abb. 1). Bei krautigen Gefäßpflanzen erhalten sich vorwiegend die unterirdischen Organe (Wurzeln, Ausläufer). Oberirdische Teile wie Blätter, Stängel und Blüten liegen nach dem Absterben auf der Mooroberfläche und werden meistens vollkommen zersetzt. Gelegentlich finden sich die sehr erhaltungsfähigen Früchte und Samen. Laubmoose hingegen sterben an ihrer Basis gleichermaßen ab, wie sie an der Spitze weiterwachsen. Die Torfbildung findet in einem moosbedeckten Moor also unmittelbar unter der Schicht der lebenden, grünen Moospflänzchen statt und so bleiben Moose häufig als ganzes Pflänzchen erhalten [6].
Die „Systematik der Böden und der bodenbildenden Substrate Deutschlands“ [2] repräsentiert durch die Bodenkundliche Kartieranleitung (kurz: KA5) [1] ist die heute gültige Norm in der Bundesrepublik Deutschland.
Die KA5 nutzt zur Torfgliederung ein dreistufiges System (Tabelle 1): Torfarten sind dabei Torfe mit vergleichbarer botanischer Artenzusammensetzung. Dabei bezieht sich die Torfansprache auf die vorherrschenden, mit dem bloßen Auge ansprechbaren Pflanzenresten. Diese Torfarten können zu Torfartenuntereinheiten oder Torfarteneinheiten (z.B. Moostorfe, Holztorfe) zusammengefasst werden, wenn die Pflanzenreste einen ähnlichen Charakter haben [1]. Diese botanisch definierten Torfarten lassen sich darüber hinaus so genannten bodenkundlichen Torfartengruppen zuordnen, bei denen neben den Pflanzenresten bodenkundlich-chemische Eigenschaften (Basen- und pH-Verhältnisse) von Bedeutung sind. Die [1] unterscheidet demnach drei bodenkundliche Torfartengruppen:
Tabelle 1: Torfgliederung nach KA5 [1]; Torfarten mit einem Pfeil beinhalten einen Link zu einem Steckbrief.
Botanische Torfarten-einheiten |
Botanische Torfarten- untereinheiten |
Kurzzeichen |
Botanische Torfarten (mit Symbol) |
Zuordnung zu bodenkundlichen Torfartengruppen |
|||
Hochmoortorf |
Übergangs-moortorf |
Nieder-moortorf |
|||||
Moostorfe |
Bleichmoostorfe |
Hs |
+ |
(+) |
|
||
Hsy |
Cymbifolia-Torf |
+ |
(+) |
|
|||
Hsu |
Cuspidata-Torf |
+ |
(+) |
|
|||
Hsa |
Acutifolia-Torf |
+ |
|
|
|||
Laubmoostorfe |
Hnb |
|
0 |
0 |
|||
Kräutertorfe
|
Hochmoorkräuter-torfe |
Hhe |
+ |
|
|
||
Hha |
+ |
+ |
|
||||
Riedtorfe |
Hnmy |
Fieberkleetorf |
|
0 |
0 |
||
Hnq |
|
0 |
0 |
||||
Hnr |
|
0 |
0 |
||||
Hnp |
|
(+) |
+ |
||||
Hnd |
|
(+) |
+ |
||||
Reisertorfe |
Hochmoorreisertorf |
Hhi |
+ |
|
|
||
Holztorfe |
Hochmoorholztorf |
Hhk |
Kiefern-Hochmoortorf |
+ |
|
|
|
Bruch(wald)torfe |
Hulk |
|
+ |
|
|||
Hulb |
|
+ |
|
||||
Hnle |
|
|
+ |
||||
amorphe Torfe |
|
Ha |
0 |
0 |
0 |
||
|
+ = praktisch ausschließlich oder überwiegende Zugehörigkeit; 0 = etwa gleichwertig in mehr als einer Gruppe; (+) = seltenere Zuordnung |
Verschiedene Torfarten entstehen durch die ökologischen Wuchsansprüche der sie bildenden Pflanzengemeinschaften unter verschiedenen Nährstoff- und Säure-Basen-Verhältnissen (Link zu ökologischen Moortypen). Im Umkehrschluss lassen sich durch das Vorfinden einer bestimmten Torfart Rückschlüsse auf die ökologischen Bedingungen zur Zeit ihres Entstehens ziehen.
Succow führte umfangreiche, standardisierte Messungen zu Nährstoffgehalten (C/N-Verhältnis) und Säure-Basen-Verhältnissen (pH-Wert) verschiedener Torfarten durch. Die Gruppierung der Messwerte (Tabelle 2 und 3) dient zur Charakterisierung der Torfarten als auch zur Ausweisung ökologischer Moortypen nach [18]. Zwar ist keine Torfart streng auf nur eine Nährstoff-Gruppe, Säure-Basen-Gruppe oder ökologischen Moortyp begrenzt, jedoch haben die meisten Torfe einen deutlichen Verbreitungsschwerpunkt.
Tabelle 2. Trophiegruppen der Torfe auf Grundlage des Verhältnisses von Stickstoff zu Kohlenstoff (C/N) der Torfe (nach [18]).
Nährstoff-/ Trophiegruppe |
C/N-Verhältnis |
nährstoffarm (oligotroph) |
> 33 |
mäßig nährstoffarm (mesotroph) |
33 - 20 |
nährstoffreich (eutroph) |
< 20 - 10 |
nährstoffüberlastet (polytroph) |
< 10 |
Tabelle 3. Säure-Basen-Gruppen der Moorstandorte auf Grundlage von pH-Messungen in KCl an Moorsubstraten (nach [18])
Säure-Basen-Gruppe |
pH-Wert |
sauer |
< 4,8 |
basenreich (subneutral) |
4,8 - 6,4 |
kalkhaltig (alkalisch) |
> 6,4 |
Die verschiedenen Standortbedingungen in Mooren wirken sich nicht nur auf die gebildeten Torfarten, sondern auch auf den Erhaltungszustand der jeweilig abgelagerten Pflanzenreste aus. Umso gleichmäßiger und höher die Wasserversorgung und umso nährstoffärmer und saurer der Standort, desto besser bleiben die Pflanzenreste in der Regel erhalten [6]. Das wirkt sich auch positiv auf die Archivfunktion der Moore aus, denn die Bedingungen konservieren auch Hinweise auf frühere Kulturen oder die Entwicklung der Landschaft besser.
Um das Ausmaß der primären, im Zuge des Moorwachstums vor sich gehenden Zersetzung - ehe diese unter Luftabschluss im dauerhaft wassergesättigten Bereich zum Stillstand kam - zu beschreiben, können Zersetzungsgrade bestimmt werden [8,14]. Das Prinzip der Zersetzungsgrade wird nicht auf Torfe angewendet, die in entwässerten und meist landwirtschaftlich genutzten Mooren vorliegen und dort sekundäre Zersetzungsprozesse durch die mit der Entwässerung verbundenen Belüftung erfahren [8]. Der Zersetzungsgrad feuchter, grubenfrischer Torfe kann im Gelände relativ einfach mittels der Hand-Quetschmethode nach [22] in einer 10-stufigen Skala ermittelt werden.
Je höher der Zersetzungsgrad, desto geringer ist der Anteil an sichtbaren Pflanzenresten und desto höher der Anteil an humifizierten bzw. strukturlos erscheinenden Komponenten. Daher wird der Zersetzungsgrad auch als „Humifizierungsgrad“ bzw. „Humositätsgrad“ bezeichnet und in der Skalierung mit „H1“ bis „H10“ abgekürzt [6].
Bei sehr trockenen Torfen lässt sich die Zersetzung anhand des Anteils an Pflanzenresten nach einer ebenfalls 10-stufigen Skala nach [9] beschreiben. Für holzhaltige Torfe wird der Zersetzungsgrad der Grundsubstanz, nicht der Holzbestandteile angegeben [1]. Bis auf holzhaltige Torfe, die häufig auch bei stärkerer Zersetzung noch zuordenbar sind, wird in der Regel ab Zersetzungsgrad H8 keine botanische Torfart mehr angegeben, da Pflanzenreste im Gelände kaum mehr zu erkennen sind [22]. In diesen Fällen wird die „amorpher Torf“ nach KA5 zugeordnet.
Zersetzungsgrade lassen sich ebenfalls streng objektiv nach physikalischen oder chemischen Labormethoden bestimmen (z.B. nach [5]). Die Geländemethode nach [22] ist aber die weitaus gebräuchlichere.
Durch Bestimmung des Zersetzungsgrades lassen sich wichtige Rückschlüsse auf insbesondere hydrologische Bedingungen bei der Torfentstehung ziehen. Höhere Zersetzungsgrade weisen auf eine schwankende oder stagnierende Wasserversorgung während der Torfbildung hin. Desto geringer die Zersetzung, desto kontinuierlicher war die Wassersättigung während der Bildungsphase. So finden sich beispielsweise in Regenmooren so genannte Schwarztorfe (Schwerpunkt: Zersetzungsgrad H6 - H9) und Weißtorfe (Schwerpunkt: Zersetzungsgrad H2 - H4), die sich kaum hinsichtlich ihrer botanischen Artenzusammensetzung, aber deutlich bezüglich der Zersetzungsgrade unterscheiden. Die Grenze zwischen Schwarz- und Weißtorf ist Marke eines klimabedingten Umschlages der Moorhydrologie [6].
Die WIKIMooS-Moorvideos sind im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den Projekten WIKIMooS (Humboldt-Universität zu Berlin) und MoorIS (LBEG) entstanden. Dieses ist das erste Informationsvideo, in dem erklärt wird, was Moore sind, wie sie entstehen, was sie für Umwelt und Gesellschaft bedeuten und welche Herausforderungen es im Moormanagement gibt.
[1] AG Boden. (2005). Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Aufl. Hannover: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
[2] Arbeitskreis für Bodensystematik der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft. (1998). Systematik der Böden und der bodenbildenden Substrate Deutschlands. Mitteilungen der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, 86.
[3] Chmieleski, J. (2006). Zwischen Niedermoor und Boden: Pedogenetische Untersuchungen und Klassifikation von mitteleuropäischen Mudden. Humboldt-Universität zu Berlin.
[4] Dahms, E. (1972). Limnogeologische Untersuchungen im Dümmer-Becken im Hinblick auf seine Bedeutung als Natur- und Landschaftsschutzgebiet. Humboldt-Universität zu Berlin.
[5] DIN 11540. (2005). Torfe und Torfprodukte für den Gartenbau und Garten- und Landschaftsbau -Prüfverfahren, Eigenschaften, Technische Lieferbedingungen. Berlin: Beuth Verlag GmbH.
[6] Göttlich, K. (1990). Moor- und Torfkunde. 3., neubearbeitete Aufl. Stuttgart: E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung.
[7] Grosse-Brauckmann, G. (1962). Torfe und torfbildende Pflanzengesellschaften. Zeitschrift für Kulturtechnik, 3, 205-225.
[8] Grosse-Brauckmann, G. (1996). Ansprache und Klassifikation von Torfen und Mooren als Voraussetzung für Moorkartierungen. Abh. Naturwiss. Vereins Bremen, 43/2, 213-237.
[9] Grosse-Brauckmann, G., Hacker, E., & Tüxen, J. (1977). Moore in der bodenkundlichen Kartierung. TELMA, 7, 39-54.
[10] Luthardt, V., Schulz, C., & Meier-Uhlher, R. (2015). Steckbriefe Moorsubstrate, 2. Auflage E. Hochschule für nachhaltige Entwicklung (Ed.) Retrieved from FID GEO-LEO e-docs database Retrieved from http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?gldocs-11858/8054 doi:10.23689/fidgeo-3724
[11] Mauersberger, H., & Mauersberger, R. (1997). Die Seen des Biosphärenreservates „Schorfheide-Chorin“ - eine ökologische Studie. Untersuchungen zur Struktur, Trophie, Hydrologie, Entwicklung, Nutzung, Vegetation und Libellenfauna., Uni Greifswald.
[12] Merkt, J., Lüttig, G., & Schneekloth, H. (1971). Vorschlag zur Gliederung und Definition der limnischen Sedimente. Geol. Jahrb., 89, 607-628.
[13] Michaelis, D. (2008). Moor- und Torfkurs. unveröff. Skript. Duene e.V. Greifswald.
[14] Roeschmann, G., Grosse-Brauckmann, G., Kuntze, H., Blankenburg, J., & Tüxen, J. (1993). Vorschläge zur Erweiterung der Bodensystematik der Moore (Vol. Reihe F). Hannover: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.
[15] Sauerbrey, R., & Zeitz, J. (1999). Moore. In H. P. Blume, P.-F. Henningsen, W. R. Fischer, H.-G. Frede, R. Horn & K. Stahr (Eds.), Handbuch der Bodenkunde. Landsberg/Lech: ecomed-Verlag.
[16] Schneekloth, H., & Schneider, S. (1972). Vorschlag zur Klassifizierung der Torfe und Moore in der Bundesrepublik Deutschland. TELMA, 2, 57-63.
[17] Stegmann, H., Succow, M., & Zeitz, J. (2001). Muddearten. In M. Succow & H. Joosten (Eds.), Landschaftsökologische Moorkunde. 2., völlig neu bearbeitete Aufl. (pp. 62-65). Stuttgart: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.
[18] Succow, M. (1988). Landschaftsökologische Moorkunde. 1. Aufl. Jena: VEB Gustav Fischer Verlag.
[19] Succow, M. (2001). Verlandungsmoore. In M. Succow & H. Joosten (Eds.), Landschaftsökologische Moorkunde. 2., völlig neu bearbeitete Aufl. (pp. 317-338). Stuttgart: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.
[20] Succow, M., & Stegmann, H. (2001). Moorsubstrate. In M. Succow & H. Joosten (Eds.), Landschaftsökologische Moorkunde. 2., völlig neu bearbeitete Aufl. (pp. 58). Stuttgart: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.
[21] von Bülow, K. (1929). Handbuch der Moorkunde Band I: Allgemeine Moorgeologie. Berlin: Gebrüder Borntraeger.
[22] von Post, L. (1924). Das genetische System der organogenen Bildungen Schwedens. Comité international de Pédologie IV. Communication, 22, 287-304.