816. Kehdinger Moor (nördlicher Teil)

TK25:

Bl. Wischhafen (2221).

Größe:

28,4 qkm, davon 14,6 qkm Hochmoor, 13,8 qkm Niedermoor.

Teilnamen:

Öderquarter Moor, Dösemoor (Nordende des Hochmoorgebietes), Neulander Moor (nördlich an die Straße Neuland-Altendorf anschließend), Altendorfer Moor, Wolfsbrucher Moor, Dornbuscher Moor (südlich der Straße Neuland-Altendorf).

Kartierung:

SCHNEEKLOTH 1964 (GK 25, Lit. SCHNEEKLOTH 1971).

Erschließung und Nutzung:

Beginn der Besiedlung vor mehreren Jahrhunderten vor allem im Grenzbereich zwischen Moor und Marsch. Vom Hof aus bäuerlicher Torfabbau für Eigenbedarf, später auch Verkauf an Ziegeleien (noch 1878 mehr als 100 kleine Ziegeleien im Kehdinger Land!). Ursprüngliche Moorfläche durch Torfabbau erheblich reduziert (z. T. noch am Verlauf alter Deichlinien zu erkennen, die am ehemaligen Hochmoorrand endeten) und hing in geschlossener Fläche mit Moor Nr. 815 zusammen. Abgetorfte Flächen wurden nach und nach mit 10 - 30 cm kalkreichem Klei bedeckt ("kuhlen"), trotzdem blieb landwirtschaftliche Nutzung problematisch (Lit. VIRCHOW 1880, 1883). Seit 18. Jahrhundert im Hochmoor Moorbrandkultur. Planmäßige Entwässerung des Hochmoores erst seit etwa 1880, mit starken (bis 3 m) Sackungen der Oberfläche (Lit. SCHNEEKLOTH 1968), nachfolgend Deutsche Hochmoorkultur auf unabgetorftem Hochmoor. Ödlandflächen im Moorgebiet nach kartographischen Unterlagen: 1764 = 36 qkm, 1847 = 28 qkm, 1897 = 7 qkm, 1964 = 1 qkm.
Heute durch einige Autostraßen erschlossen, im übrigen meist nur mäßig ausgebaute Feldwege. Die der Abtorfungsgrenze nachgeschobene Siedlung Neulandermoor ist jung. Weit überwiegend in landwirtschaftlicher Nutzung, nur noch ca. 1 qkm Ödland in zahlreichen kleinen Parzellen; vorherrschend Grünland, jedoch in Siedlungsnähe bis 30% Acker. Entwässerung im allgemeinen mäßig ausgebaut. An der Hochmoorgrenze fast überall aufgegebener bäuerlicher Torfstich mit bis zu 3 m hohen Stichkanten. Industrieller Weißtorfabbau auf ca. 0,5 qkm im Altendorfer Moor durch Torfwerk Wolfsbruch der BHS (Bayerische Berg-, Hütten- und Salzwerke AG).

Bewuchs:

Landwirtschaftliche Nutzflächen überwiegend Grünland. Ödland meist Birkenbruchwald über Molinia, Ericaceen. Einziges botanisch bemerkenswertes Gebiet ein verlandeter Moorkolk 500 m südlich vom Betriebsgebäude des Torfwerkes Wolfsbruch, z. Z. der Aufnahme (1964) mit Sphagnum-Rasen, Carex inflata, C. canescens, Empetrum, Narthecium, Andromeda, Vaccinium oxycoccus.

Mooruntergrund:

Unter dem "Oberflächenmoor" (Definition siehe Einleitung) überall mächtige Kleischichten, nicht selten mit geringmächtigen Torflagen. Basis der Kleischichten (im allgemeinen als Grenze Pleistozän/Holozän aufgefaßt) in 15 - 20 m Tiefe unter Geländeoberfläche. Um die Längsachse des Moores im allgemeinen unsichere Abgrenzung zwischen "Oberflächenmoor" und Untergrund (über mehrere Profilmeter ständiger Wechsel zwischen Torfbildung und Kleisedimentation), in den moorrandnäheren Gebieten hingegen meist reine Torfbildung über Klei. Mooruntergrund (= Basis des Oberflächenmoores) eine langgestreckte, der Lage des Hochmoores entsprechende, flache Senke, im allgemeinen 1 - 2 m unter NN, flächenhaft aber auch tiefer bis max. 4,7 munter NN. Bis 2 m unter dem Torf meist schluffiger, kalkarmer Ton (Lit. SCHNEEKLOTH 1971).

Mächtigkeit:

Linien der Gesamtmächtigkeit für das "Oberflächenmoor" enthält die GK 25, Blatt Wischhafen Nr. 2221 (Lit. SCHNEEKLOTH 1971): Niedermoorflächen im allgemeinen weniger als 1 m, im Grenzbereich zum Hochmoor verbreitet auch bis 2 m. Ziemlich gleichmäßige Mächtigkeitszunahme von den Flanken des Moores zur Längsachse hin, sofern nicht durch Torfabbau örtlich reduziert. Hochmoorgebiet durchweg mehr als 2 m, auf einem 500 - 700 m breiten Streifen an der Längsachse des Moores 3 - 4,5 m, max. 5,1 m.

Schichtaufbau:

Entstehung des Moores im Überschwemmungsgrenzbereich ("Sietland") zwischen Elbe und Oste (Lit. VIRCHOW 1880, SCHUCHT 1905, 1906, SCHNEEKLOTH 1971) unter überdurchschnittlicher Vernässung; früher zahlreiche Kolke im Hochmoor, heute verlandet.
Im Hochmoorgebiet zuunterst überall schwach bis mäßig zersetzter Schilftorf; an der Längsachse des Moores vielfach mit Kleilagen durchsetzt und 1,5 - 3 m, sonst vorwiegend 0,5 - 1,5 m mächtig. Darüber durchschnittlich 0,5 m mäßig bis stark zersetzter Sphagnum-Torf (Schwarztorf), nur kleinflächig fehlend. Darüber auf 8,6 qkm im zentralen Gebiet schwach zersetzter Sphagnum-Torf (Weißtorf), 0,5 - 2 m, max. 2,5 m, durchschnittlich 1,4 m mächtig. Weißtorf überwiegend Sphagna Cymbifolia, an 13 % der Bohrungen (gehäuft am Südende des Hochmoores) überwiegend, aber auch sonst in den unteren Weißtorfschichten Sphagna Acutifolia. Gesamtvorräte ca. 12 Millionen cbm Frischtorf. Industriell abbauwürdig nur auf 6,2 qkm ("unversehrte" Hochmoorflächen in der GK 25) mit ca. 9 Millionen cbm Frischtorf. In den Niedermoorgebieten vorwiegend mäßig zersetzter Schilftorf von meist weniger als 1 m Mächtigkeit bei Oberflächenhöhen von NN bis 1 m über NN. Darüber verbreitet 1 - 2 dm Klei, z.T. auch Reste von Hochmoortorf (Bunkerde).

Datierung:

Nach Lit. SCHUBERT (1933) Beginn der Moorbildung aufgrund von pollenanalytischen Untersuchungen zwischen 2000 und 3000 Jahren vor Chr.; Beginn der Weißtorfbildung im jüngsten Drittel des ersten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung; Siedlungsspuren seit ca. 1000 Jahre nach Chr.
1895 Fund der "Obenaltendorfer Moorleiche", 1,5 km südwestlich vom Torfwerk Wolfsbruch (heute im Vorgeschichtlichen Museum in Stade). Aufgrund der Begleitfunde datierte C. A. WEBER erstmalig seinen "Grenzhorizont" auf ca. 800 Jahre vor Chr. (Lit. WEBER 1900).
Datierung des Schwarz-/Weißtorfkontaktes (SWK) an 8 Profilen mit Pollenanalyse und Radiocarbonmethode ergab unterschiedliche Alter im Zeitraum von 150 Jahre vor Chr. bis 150 Jahre nach Chr. (Lit. SCHNEEKLOTH 1968).

Fotos von Barbara und Eckhard Schmatzler stammen aus der Veröffentlichung Schmatzler, B. & Schmatzler, E. (2010). Moorland: Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen: Industrieverband Garten e.V.

In diesem Gebiet finden folgende Projekte statt:

Optimierung des Wasserhaushalts in Hochmooren im Bezirk Lüneburg