Biotope der Niedermoore

Niedermoore sind neben dem Niederschlag auch durch minerogenes Wasser, d.h. Oberflächen-, Boden- oder Grundwasser beeinflusst (vgl. Hydrologie). Aufgrund des Grundwasseranschlusses werden Niedermoore aus einem oft vielfach größeren Einzugsgebiet gespeist [9]. Je nach Gestein, Klima, Substrat, Boden, Pflanzendecke und Nutzung sowie der Verweildauer im Boden ist das Wasser unterschiedlich stark mit Ionen angereichert [10]; [11]. Demzufolge sind Niedermoore von Natur aus durch sehr unterschiedliche Bedingungen geprägt, welche sowohl spezialisierten Arten als auch Generalisten eine Vielzahl an Lebensräumen bieten. Ursprünglich waren Niedermoore vorherrschend von Birken- und Erlen-Bruchwäldern bewachsen. In Küstennähe und in besonders nassen Entwicklungsphasen der Landschaftsgeschichte bildeten auch Röhrichte und Seggenriede die Vegetation [8]. Aufgrund von Entwässerung und großflächiger Rodung der Bruchwälder u. a. zur Urbarmachung von Ackerland und Erschließung von Reisewegen für den Handel,  sind jedoch in den vergangenen Jahrhunderten mehr als 90 % der ursprünglichen Niedermoore in Offenlandbiotope umgewandelt worden. Je nach Standortverhältnissen und der Entstehungsgeschichte, insbesondere der aktuellen Nutzung mit ihrer Intensität, ist die Vegetation der Niedermoore heutzutage sehr unterschiedlich zusammengesetzt.

Niedermoorbiotope, welche definitionsgemäß eine > 30 cm mächtige Torfschicht aufweisen, sind teils schwer nur über die Vegetation von Biotopen auf nassen, mineralischen Standorte ohne oder mit geringer Torfauflage abzugrenzen. Unklare Flächen können durch Bohrungen mit Torfansprache eindeutig den Niedermooren zugeordnet werden.

Bruchwald, Erlen- und Eschenwälder sowie Feuchtgebüsche

Intakte, also nasse und auf torfigem Untergrund wachsende Bruchwälder werden auf nährstoffreichen Standorten in der Regel von der Schwarzerle dominiert, selten auch von Weiden. Unter anderem bilden Seggen, Sumpf-Calla oder Sumpfschwertlilie die Krautschicht. In den nährstoffarmen Bruchwäldern Niedersachsens herrschen meist Birken vor, vielfach auch Kiefern, seltener Fichten (im Harz). Die Krautschicht ist hier häufig durch eine torfmoosreiche Vegetation gekennzeichnet. 

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Bruchwälder sind meist periodisch überstaut und weisen ganzjährig sehr hohe Grundwasserstände auf. Aufgrund von Entwässerungen und Grundwasserabsenkung sind intakte Ausprägungen vielerorts sehr selten geworden.  Erlen- und Eschenauenwälder können sich in Quellbereichen und Niederungen von Bächen und Flüssen etablieren. Im Gegensatz zum Bruchwald fehlt meistens die stagnierende Nässe. In den niedersächsischen Talauen kommen Erlen-Eschenauwälder häufig in enger Verzahnung mit Bruchwäldern vor. Feuchtgebüsche können sich auf vermoorten ehemals genutzten Wiesen oder in Verlandungsbereichen von Gewässern bilden und werden vor allem von verschiedenen Weidearten dominiert [9].

In der Karte Moorbiotope fallen diese Vegetationsausprägungen unter die Kategorien „Moor- und Bruchwald (naturnah)“, „Moorwald, stark degeneriert“, „Auenwälder“ und „Gebüsch“.

Sümpfe und Niedermoore mit Rieden und Röhrichten

Die Riede und Röhrichte werden in der Karte Moorbiotope den Kategorien „Gehölzfreie Biotope der Sümpfe und Niedermoore“ sowie „Verlandungsbereich nährstoffarmer Stillgewässer“ zugeordnet. Bei Sümpfen handelt es sich um Nassbereiche, die eine ähnliche Vegetation wie Niedermoore aufweisen jedoch mit einer Torfauflage < 30 cm definitionsgemäß nicht zu den Mooren gehören. Die typische Vegetation dieser Biotope ist vielfältig. Kleinräumige Strukturen von stets feucht-nassen, baumfreien, teilweise gebüschreichen Lebensräumen können im kleinflächigen Wechsel ausgebildet sein. Häufig handelt es sich um Brachestadien, die übrigen Flächen werden zumeist extensiv landwirtschaftlich genutzt.

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© Zietz

Schilf, Rohrkolben, Wasserschwaden, Rohrglanzgras, Teichsimse und Igelkolben bilden u.a. Röhrichte [7].

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© v. Drachenfels

Riede setzen sich u.a. aus Seggen (Sauergräser), Binsen, Wollgräsern, Schachtelhalmen, Sumpfsimsen und Waldbinsen zusammen [9].  

Feucht- und Nassgrünland

Bei vergleichsweise geringer Entwässerung und extensiver Nutzung durch Mahd oder zeitweiser Beweidung haben sich äußerst artenreiche und wertvolle Feucht- und Nasswiesen bzw. –weiden gebildet. Auf diesen kommen verschiedene Seggen-, Binsen- oder Hochstaudenarten sowie auffällige Kennarten wie u.a. Sumpfdotterblume, Kuckuckslichtnelke oder Wassergreiskraut vor [9].

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© Zietz

Extensives Grünland auf Niedermoor

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© v. Drachenfels

Mäßig nährstoffreiche Nasswiese

In der Karte Moorbiotope sind diese Vegetationsausprägungen unter der Kategorie „Nutzungsbedingte Biotope, schwach bis mäßig degeneriert“ zusammengefasst. Artenreiches Feucht- und Nassgrünland ist jedoch aufgrund von Entwässerung, starker Düngung, übermäßiger Beweidung und Umbruch zunehmend seltener geworden. Heute wird der überwiegende Teil als artenarmes Intensivgrünland und Acker genutzt, welche als „Nutzungsbedingte Biotope, stark degeneriert“ in der Karte Moorbiotope aufgeführt sind. Zur langfristigen Erhaltung des artenreichen Nassgrünlandes bzw. dessen Wiederherstellung ist daher je nach Ausprägung eine regelmäßige extensive Nutzung als Mähwiese oder eine extensive Beweidung notwendig [7].

 
Literatur

[1] Behr, H. (1988). Kleinräumige Verbreitungsmuster von Dytisciden-Populationen (Coleóptera; Dytiscidae) in zwei Oberharzer Hochmooren*. Faun.-Ökol. Mitt., (6), 43–52.

[2] Eigner, J. (2003). Möglichkeiten und Grenzen der Renaturierung von Hochmooren. In N. Mallach (Hrsg.), Moorrenaturierung - Praxis und Erfolgskontrolle (Laufener Seminarbeiträge, [20]03,1, S. 23–36). Laufen/Salzach.

[3] Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010). Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. UTB.

[4] Göttlich, K. (1990). Moor- und Torfkunde. Stuttgart: Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.

[5] Joosten, H. & Succow, M. (2001). Landschaftsökologische Moorkunde. Stuttgart: E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung.

[6] Mitsch, W. J. & Gosselink, J. G. (2015). Wetlands. Wiley.

[7] Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. (2021). Gesetzlich geschützte Biotope und Landschaftsbestandteile in Niedersachsen. Beschreibung der nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG geschützten Biotoptypen sowie der nach § 22 Abs. 3 NAGBNatSchG landesweit geschützten Wallhecken (Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen).

[8] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz. (2016). Programm Niedersächische Moorlandschaften.

[9] Niedersächsisches Umweltministerium. (2002). Niedermoore in Niedersachsen. Ihre Bedeutung für Gewässer, Boden, Klima und die biologische Vielfalt. Hannover (unveröffentlicht).

[10] Succow, M. (1988). Landschaftsökologische Moorkunde (Reihe Ökologie). Berlin [West], Stuttgart: Borntraeger.

[11] Timmermann, T., Joosten, H. & Succow, M. (2016). Restaurierung von Mooren. In S. Zerbe & G. Wiegleb (Hrsg.), Renaturierung von Ökosystemen in Mitteleuropa (S. 55–93). Berlin: Springer Spektrum.

[12] Van Breemen, N. (1995). How Sphagnum bogs down other plants. Trends in Ecology & Evolution, 10(7), 270–275.

 

NLWKN: Lennard Heidberg (2023)