118. Großes Moor bei Gifhorn

TK25:

Bl. Wahrenholz (3329), Knesebeck (3330), Gamsen (3429), Ehra-­Lessien (3430).

Größe:

61 qkm, davon 50 qkm Hochmoor (ohne Sandmischkulturen), 11 qkm Niedermoor.

Teilnamen:

Weißes Moor (Hochmoorgebiet in der nördlichen Hälfte des Großen Moores), Stertmoor (nach Osten gerichteter, ca. 1 km breiter Ausläufer der nördlichen Hälfte des Großen Moores), Schöttelkassmoor (nach Osten gerichteter Niedermoorausläufer im nördlichen Randgebiet des Großen Moores), Bösebruch (nördlicher Teil des Niedermoores an der Jse), Hestenmoor (bis nach Wesendorf reichender Niedermoorausläufer am Westrand des Großen Moores).

Kartierung:

WANDT, SCHNEEKLOTH 1958, ULLRICH 1959 (Spezialkarung 1:10 000).

Erschließung und Nutzung:

a) Hochmoorgebiet: Bis 1726 geringfügiger bäuerlicher Torfstich, danach Torfabbau auch mit staatlicher Beteiligung. 1795 Gründung der Moorkolonie Neudorf-Platendorf nach Plänen von FINDORFF und PLATE. Nach zunächst großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten seit 1868 Belebung des Torfabsatzes durch Ausbau der Landstraße nach Gifhorn. 1872 Beginn der industriellen Ausbeutung (ältester industrieller Torfabbau in Niedersachsen!) durch ein Finanzkonsortium, das 1873 in die "Norddeutsche Torfmoorgesellschaft Triangel" (heute "Torfwerk Triangel") überging. Lit.: HAUSDING (1921). 1889 Bau der Eisenbahnstrecke Gifhorn - Triangel, 1900 Fortsetzung nach Norden durch das Moor Richtung Uelzen. Umfangreiche landwirtschaftliche Kultivierungen erst seit dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Zur Erschließung des Großen Moores: Lit.: GRAF 1914. Das Hochmoorgebiet des Großen Moores ist heute eines der am stärksten zerstochenen Moore Niedersachsens. Südlich der Siedlung "Weißes Moor" Torfabbau durch zahlreiche Torfbetriebe, wobei Klein- und Kleinstbetriebe vorherrschen, in Neudorf-Platendorf, Triangel, Westerbeck und Stüde (im Jahre 1970 = 20). Neben Brenntorf und Düngetorf werden Torfbriketts, Spezial-Rasendünger und Feueranzünder hergestellt. Bis vor wenigen Jahren verarbeitete das Triangeler Dämmstoffwerk Torf zu Isolierplatten. Seit Beginn der industriellen Abtorfung im Großen Moor sind verschiedentlich neue Verfahren zur Torfgewinnung und Verarbeitung entwickelt und mit unterschiedlichem Erfolg erprobt worden. So wurde seit 1876 Torf in Meilern verkokt; 1876 eine Torfmaschinenausstellung veranstaltet, auf der Gewinnungsmethoden getestet wurden; 1879 die erste Torfstreufabrik errichtet, die sehr schnell weitere nach sich zog, 1896 ein Kraftwerk auf Torfbasis errichtet und Torf künstlich, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg, entwässert. Lit.: FLEISCHER (1890). SALFELD (1878). Nördlich der Siedlung "Weißes Moor" vorwiegend bäuerlicher Torfstich. Das Moor ist durch die befestigte Straße Triangel - Schönewörde sowie durch zahlreiche übersandete Wege erschlossen. Entwässerung südlich der Siedlung "Weißes Moor" stark ausgebaut, nördlich der Siedlung ist das Moor meist nur vorentwässert. Größere landwirtschaftliche Nutzflächen vor allem um Neudorf-Platendorf und um die Siedlung "Weißes Moor", kleinflächig auch in den Randgebieten des Moores. Das nördliche Drittel des Hochmoorgebietes wird in Nordwest-Südost-Richtung durchschnitten werden von dem z. Z. in Bau befindlichen Nord-Süd-Kanal; die Kanaltrasse verläuft nach Süden weiter über die Siedlung "Weißes Moor" bis auf die Höhe von Stüde am Ostrand des Großen Moores entlang.
b) Niedermoorgebiet an der Ise: Nahezu vollständig kultiviert, vorwiegend Grünlandnutzung. Im nördlichen Randgebiet ca. 2 qkm Staatsforst (Bösebruch). Wegenetz und Entwässerung ausgebaut. Durch das Moor verläuft, zugleich als Vorfluter, die Ise.
c) Hestenmoor: Etwa 1/3 in landwirtschaftlicher Nutzung, zu 2/3 in zusammen ­ hängender Fläche knapp vorentwässertes, wegeloses Ödland, verbreitet mit bäuerlichem Torfstich.

Bewuchs:

a) Die ursprüngliche Vegetation ist durch Entwässerung und Torfabbau weitgehend zerstört. Heutiger Bewuchs außerordentlich wechselhaft, je nach Art und Ausmaß der menschlichen Eingriffe. Im südlichen Drittel neben ausgedehnten Kulturflächen verbreitet Kiefern-Birken-Bruchwald, in Abtorfungsgebieten meist Ericaceenheide z. T. mit Birkenanflug. Im mittleren Drittel (Schwerpunkt der industriellen Abtorfung) vorwiegend Ericaceenheide und Birkenbuschwald. Nördliches Drittel meist Birken-Kiefern-Bruchwald und Birkenbusch; ca. 2 qkm am Westrand des Moores (Staatsforst Knesebeck, Espenleu) forstlich genutzte Mischbestände von Kiefern, Eiche, Fichte, Birke.
b) Vorwiegend Grünland. Kleinflächig Birken- oder Erlenbruchwald. Im nördlichen Randbereich (Staatsforst Knesebeck, Bösebruch) ca. 1,5 qkm forstlich genutzter Kiefern- und Laubmischwald.
c) Ödland vorwiegend offene Molinia-Flächen mit lockerem Birkenanflug, untergeordnet auch Myrica, Salix und Erle; in Torfstichen verbreitet Typha. Landwirtschaftliche Nutzflächen Grünland.

Mooruntergrund:

a) Allgemeines Gefälle von Nord nach Süd und von Ost nach West, Relief dabei ziemlich stark bewegt (Querschnitte siehe Lit.: OVERBECK 1952). Vorherrschend sind helle Fein- bis Mittelsande, z. T. mit kiesigen Einschaltungen, die stellenweise in nur geringer Mächtigkeit Geschiebelehm überlagern.
b) Vorwiegend Sand, flächenhaft jedoch auch tonige Ablagerungen, z. T. mit Eisenkonkretionen, unter dem Moor.
c) Sand, stellenweise kiesig, verbreitet 1 - 2 dm Schluff oder Ton unmittelbar unter dem Torf.

Mächtigkeit:

a) Die Torfmächtigkeit wechselt infolge des fortgeschrittenen Torfabbaues im gesamten Hochmoorgebiet auf engem Raum außerordentlich stark, an Stichkanten vielfach über mehr als 2 m. So wären hier flächenbezogene Angaben nur wenig aussagekräftig. Moormächtigkeiten von mehr als 4 m bis max. 5,1 m finden sich vor allem in einem etwa 2 qkm großen Gebiet um das Vorwerk Mathildenhof. Um dieses Gebiet herum liegt eine 1,5 bis 2 km breite Zone mit einer Flächengröße von etwa 1/3 des gesamten Hochmoorgebietes, in der die Mächtigkeiten vorwiegend zwischen 2 und 4 m liegen. Ein weiteres Gebiet (ca. 1 qkm) mit Mächtigkeiten bis 4 m findet sich westlich von Neudorf-Platendorf. In der nördlichen Hälfte des Hochmoorgebietes übersteigt die Torfmächtigkeit 2 m nur kleinsträumig. Beiderseits der Kolonie Neudorf-Platendorf sind ausgedehnte Flächen abgetorft und zu Sandmischkulturen umgewandelt worden.
b) Bis auf kleine Flächen im nördlichen Randbereich (Bösebruch) weniger als 1 m.
c) Meist weniger als 1 m bis max. 1,7 m (im Zentrum des Moores).

Schichtaufbau:

a) Südlich der Siedlung "Weißes Moor" auf dem mineralischen Untergrund nahezu überall zunächst Niedermoortorf (meist stark zersetzter Birkenbruchwald- und Seggentorf), i. a. weniger als 1,5 m, stellenweise jedoch bis 2,3 m mächtig. Nördlich der Siedlung "Weißes Moor" Niedermoortorf an der Moorbasis nur flächenweise, im übrigen verbreitet wurzelechtes Hochmoor. Über dem Niedermoortorf (in Gebieten mit wurzelechtem Hochmoor über mineralischem Untergrund) folgt - meist unter Einschaltung einer mehrere dm mächtigen Scheuchzeria-Torfschicht - Schwarztorf von i. a. weniger als 1,5 m, stellenweise jedoch bis max. 2,6 m Mächtigkeit. Südlich der Siedlung "Weißes Moor" finden sich im Schwarztorf verbreitet auffallend schwächer zersetzte Lagen von meist weniger als 0,5 m bis max. 0,9 m Mächtigkeit. Lit.: WAHNSCHAFFE (1890), POTONIE (1912), OVERBECK (1952). Darüber ursprünglich eine mächtige Weißtorfdecke, von der heute nur noch kleinflächige, im Zentrum des Hochmoores gelegene Reste erhalten sind. Mächtigkeit der Weißtorfreste meist weniger als 1 m, stellenweise bis max. 1,8 m. Auf kleinen Flächen am südlichen und am nördlichen Rande des Hochmoores steht Niedermoortorf ohne Hochmoorüberdeckung an.
b) Vorwiegend stark zersetzter Erlen-(Birken-)Bruchwaldtorf und Seggentorf, stellenweise sandig oder tonig.
c) Vorwiegend stark zersetzter Seggen- und Erlenbruchwaldtorf, stellenweise schluffig-sandig. Auf kultivierten Flächen z. T. 1 - 2 dm künstliche Sanddecke. In der nördlichen Hälfte kleinflächig einige dm hochmoorartige Bildungen (Seggen-Sphagnum-Torf) an der Mooroberfläche.

Datierung:

Nach pollenanalytischen Datierungen an 7 Profilen (Lit.: OVERBECK 1952) begann die Moorbildung im Zentrum des Hochmoorgebietes frühestens im Boreal (Zone VII, 5500- 6000 Jahre vor Chr.). nach Lit.: SELLE (1936) aufgrund von 4 pollenanalytischen Datierungen im Präboreal; die Bildung der Hochmoortorfe setzte um 4000 Jahre vor Chr., die der Weißtorfe um Chr. Geb. ein (unter Korrektur des absoluten Alters der Pollenzonen IX und X nach Lit.: ALETSEE 1958). Ein neueres 14C-datiertes Profil (Lit.: OVERBECK & Mitarb. 1957) ergab für den Beginn der Weißtorfbildung (= Schwarz-/ Weißtorfkontakt , abgekürzt SWK) rund 100 Jahre vor Chr. Geb. Pollenanalytische und 14C-Datierungen an weiteren 6 Profilen im Großen Moor (Lit.: SCHNEEKLOTH 1965) mit besonderer Zielrichtung auf die Altersstellung des SWK erbrachten, dass die Weißtorfbildung im Großen Moor offenbar nicht überall gleichzeitig eingesetzt hat, sondern dass dieser markante Wechsel im Zersetzungsgrad während einer Spanne von mehreren Jahrhunderten von Ort zu Ort zu verschiedenen Zeitpunkten eingetreten ist.
Das Torfwachstum im Hestenmoor soll nach pollenanalytischen Untersuchungen, Lit.: SELLE (1936), in der frühen Nacheiszeit begonnen und nur relativ kurze Zeit gedauert haben. Diese Untersuchung ist überprüfungsbedürftig.

Sonstiges:

Insbesondere am Großen Moor untersuchte OVERBECK die Zusammenhänge zwischen Klima und Entwicklung der Hochmoore. In Verknüpfung mit vorgeschichtlichen Kulturperioden werden aus der Moorstratigraphie und der pollenanalytisch belegten Waldgeschichte 3 feuchtere und 3 trockenere Klimaperioden erschlossen. Lit.: OVERBECK (1952), GROSPIETSCH (1967). KUBITZKI untersuchte pollenanalytisch 1 Profil aus dem Großen Moor im Zusammenhang mit Fragen zur Synchronisierung nordwesteuropäischer Pollendiagramme (Lit.: KUBITZKI 1961).

Fotos von Barbara und Eckhard Schmatzler stammen aus der Veröffentlichung Schmatzler, B. & Schmatzler, E. (2010). Moorland: Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen: Industrieverband Garten e.V.