243. Moorkomplex zwischen Barnstorf und Bramsche

243 E. Campemoor

Allgemeine Beschreibung:

Von Barnstorf und Vechta im Norden über Diepholz und den Dümmer(-See) erstreckt sich über rund 45 km eine 181,6 qkm große Moorfläche nach Süden bis fast nach Bramsche hin. Es ist dies eines der größten geschlossenen Moorgebiete Deutschlands. Der Moorkomplex setzt sich zusammen aus mehreren, entwicklungsgeschichtlich eigenständigen Teilgebieten von denen jedes für sich allein schon zu den großen Mooren Niedersachsens zählt. Diese Teilgebiete werden im folgenden nacheinander beschrieben:
A. Großes Moor bei Barnstorf
B. Lohner Moor
C. Diepholzer Moor
D. Dümmermoor
E. Campemoor

Das Campemoor ist im Osten begrenzt durch die Landstraße Damme - Hunteburg.

TK25:

Bl. Vörden (3514), Hunteburg (3515).

Größe:

46,1 qkm, davon 42,5 qkm Hochmoor, 3,6 qkm Niedermoor.

Teilnamen:

Achelforthwiesen (Niedermoorgebiet am nördlichen Moorrand unmittelbar westlich der Straße Damme - Hunteburg), Dievenmoor (Hochmoorgebiet nördwestlich der Schweger Moorzentrale), Dammer Moor , Schweger Moor und Großes Moor (Hochmoorgebiet westlich und südwestlich der Schweger Moorzentrale bis hin zu den kultivierten Flächen der Siedlung Campemoor), Rottinghauser Moor (nördliches Moorrandgebiet, südöstlich von Rottinghausen), Venner Moor (südliches Moorrandgebiet, nördlich des Venner Moorkanals), Kalkrieser Moor (südwestliches Moorrandgebiet).

Kartierung:

Venner Moor S. SCHNEIDER 1959 (gutachtliche Spezialaufnahme), Westrand des Campemoores EGGELSMANN 1961 (6 Bohrungen), übrige Fläche SCHNEEKLOTH 1971 (Übersichtsaufnahme).

Erschließung und Nutzung:

Bis 1912 nur in den Randgebieten verbreitet bäuerlicher Torfstich, im Innern weitgehend ursprünglicher Zustand. Um 1930 Zentralgebiet großzügig kultiviert und Anlage der Siedlung Campemoor. Lit.: ROTHERT 1920, S. 64, EGGELSMANN 1957. Im Jahre 1911 wurde von der Hannoverschen Kolonisations- und Moorverwertungsgesellschaft in Osnabrück (HAKUMAG) ein Kraftgas- und Elektrizitätswerk in Betrieb genommen. Es sollte hier nach dem Mondgasverfahren Ammoniak gewonnen werden. Doch mußte der Betrieb, der die Grundlage für ausgedehnte landwirtschaftliche Siedlungen, chemische und gewerblichen Unternehmungen bilden sollte, nach kurzer Zeit wegen mannigfacher Schwierigkeiten bei der Torfgewinnung und der Verwirklichung des Mondgasverfahrens im Großbetrieb wieder schließen. Lit.: HAUSDING 1921.
Heute etwa 2/3 in landwirtschaftlicher Nutzung. In diesen Gebieten Wege und Entwässerung meist gut bis sehr gut ausgebaut. Daneben 1/3 Ödland mit bäuerlichem Torfstich und industrielle Abtorfungsflächen. Im Schweger Moor und im Rottinghauser Moor Weißtorfabbau durch Torfwerk Schweger Moor GmbH & Co KG, Sehwege, am Westrand des Campemoores durch Torfwerk Bark KG, Vörden. Im östlichen Venner Moor öffentlicher Müllabladeplatz.

Bewuchs:

Ödlandflächen mit bäuerlichem Torfstich (überwiegend im Randbereich des Campemoores gelegen) meist dichter Birken-Kiefernbruchwald. Ödland im Bereich der industriellen Abtorfung meist offene Molinia-Ericaceenflächen mit unterschiedlich dichtem Birkenaufwuchs. Landwirtschaftliche Nutzflächen im Durchschnitt zu 2/3 Grünland, 1/3 Acker.

Mooruntergrund:

Flache Mulde, die nach Nordosten, zum Dümmer hin, geöffnet ist. Relief verhältnismäßig ausgeglichen. Bis auf kleinflächige Vorkommen von Geschiebelehm unter Moor (am Westrand des Campemoores) durchweg heller Fein- bis Mittelsand, der stellenweise etwas schluffig ist. An einzelnen Bohrungen 20 cm Ton unmittelbar unter dem Torf.

Mächtigkeit:

Weniger als 2 m: Ein durchschnittlich 600 m breiter Streifen am südlichen, westlichen und nördlichen Rand des Moores, sowie ca. 5 qkm industriell abgetorftes Gelände im Zentrum der östlichen Hälfte des Moores. Mehr als 4 m: Etwa 3 qkm im nordwestlichen Viertel des Moores; hier max. 5,1 m (auf erst vorentwässertem, unabgetorftem Ödland). Mehr als die Hälfte des Campemoores 2 - 4 m mächtig.

Schichtaufbau:

a) Niedermoorflächen meist mit stark zersetztem Erlen-(seltener Birken-)­bruchwald- und Seggentorf in unregelmäßiger Schichtfolge. Darin verbreitet eingeschaltet geringmächtige schwächer zersetzte Lagen mit reichlich Menyanthes-Samen und Schilfresten.
b) Hochmoorflächen in der nördlichen und östlichen Hälfte des Campemoores zuunterst Niedermoortorf, meist weniger als 1 m, flächenhaft bis 1,5 m, an einzelnen Bohrungen auch darüber bis max. 2,6 m mächtig. Niedermoortorf in der Regel in den unteren Schichten stark bis sehr stark zersetzter Erlen-(Birken-)bruchwaldtorf, darüber mäßig bis stark zersetzter Seggentorf mit reichlich Menyanthes-Samen und Schilfresten, der nach oben verbreitet in Cuspidata-Seggentorf mit Scheuchzeria übergeht. Im Südwestviertel des Campemoores vorwiegend ohne Niedermoortorf an der Basis (= wurzelechtes Hochmoor).
Darüber im allgemeinen stark zersetzter Hochmoortorf (= Schwarztorf). Nur am Südostrand des Campemoores verbreitet schwach zersetzter Sphagnum-Torf (= Weißtorf) unmittelbar über Niedermoortorf. Schwarztorfmächtigkeit in den westlichen zwei Dritteln des Campemoores meist 1 - 2 m bis max. 2,5 m, im östlichen Drittel weniger als 1 m. Wo der Schwarztorf mehr als 1 m mächtig ist, meist eine 20 - 60 cm mächtige Lage schwach zersetzten Acutifoliatorfes eingeschaltet. Im Durchschnitt beträgt diese schwach zersetzte Zwischenlage 25 % der Schwarztorfschicht.
Darüber im allgemeinen Weißtorf, in den westlichen zwei Dritteln des Campemoores meist 1 - 2 m bis max. 2,4 m mächtig, im östlichen Drittel meist weniger als 1 m, im Bereich der industriellen Abtorfung auf mehrere qkm großer Fläche nicht mehr vorhanden. Vorherrschend sind Sphagna Acutifolia, jedoch besteht die Weißtorfmasse insgesamt zu etwa 1/3 aus Sphagna Cymbifolia. Einzelne Bohrungen im Zentrum des Campemoores ergaben bis zu 2 m mächtigen reinen Cymbifoliatorf.

Datierung:

Am 25.4.1949 wurde bei Baggerarbeiten im Großen Moor bei dem Koordinatenschnittpunkt Rechts 34 45 170, Hoch 58 14 350 zwei nebeneinanderliegende Moorleichen geborgen. Lit.: ASMUS, G., 1955. S. SCHNEIDER datierte diese Funde pollenanalytisch auf 3.- 4. Jahrhundert vor Chr. Lit.: SCHNEIDER 1955. 600 m weiter südwestlich bei Rechts 34 44 650, Hoch 58 14 050 wurde 1949 bei Baggerarbeiten eine dritte Moorleiche gefunden, zu deren Bergung jedoch keine Fachleute hinzugezogen wurden und die heute verschollen ist. 400 m südöstlich der zwei Moorleichen wurden bei Rechts 34 45 375, Hoch 58 14 000 ebenfalls bei Baggerarbeiten in 115 - 135 cm Tiefe ein Stiefel mit Fußskelett gefunden. Lit.: SCHNEIDER 1956.
Unweit der Schweger Moorzentrale wurde 1887 ein parallel zur Straße Damme - Hunteburg laufender frühgeschichtlicher Bohlweg freigelegt. Über ihn liegen eine Reihe von Veröffentlichungen vor. Lit.: HAYEN 1957 und 1958. Aufgrund eines Fundes römischer Münzen kann er als "älter als 3. Jahrhundert nach Chr." datiert werden. Lit.: SCHNEIDER 1955. Ein anderer, nicht näher datierter Bohlweg wurde bei Baggerarbeiten etwa 750 m nordwestlich der Fundstelle der beiden Moorleichen freigelegt, später jedoch leider zerstört.
Der SWK liegt nach pollenanalytischen Untersuchungen von SCHNEIDER im Großen Moor an der Fundstelle der beiden Moorleichen um 400 Jahre nach Chr.

Fotos von Barbara und Eckhard Schmatzler stammen aus der Veröffentlichung Schmatzler, B. & Schmatzler, E. (2010). Moorland: Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen: Industrieverband Garten e.V.