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Regulationsleistungen von Mooren

Klimaregulation

 

Für das menschliche Wohlergehen sind die regulierenden Eigenschaften von naturnahen, also nassen und wachsenden Mooren besonders bedeutsam, auch wenn dies nicht sofort ins Auge fällt. Die Einlagerung von abgestorbenen Pflanzenresten als Substrat, ist eine der beachtenswertesten Ökosystemleistung von Mooren. Die Moorvegetation nimmt Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf und speichert ihn in ihrer Biomasse. Die abgestorbene Biomasse kann bei hohen Wasserständen, unter Luftabschluss, nicht vollständig abgebaut werden und verbleibt als Torf im Moorboden. Moore sind so die größten terrestrischen Kohlenstoffsenken und die einzigen Landökosysteme, die in der Lage sind Kohlenstoff langfristig einzulagern. Andererseits wird durch die Entwässerung die Mineralisation der Torfe stark gefördert und der gespeicherte Kohlenstoff als klimarelevantes Kohlendioxid freigesetzt. Somit beeinflussen Moore die Zusammensetzung der Atmosphäre und leisten durch den Entzug von Kohlenstoff einen Beitrag zur globalen Klimaregulation [11, 18].

 

Wasserregulation

 

Der Torfkörper eines naturnahen Moores kann bis zu 95 % aus Wasser bestehen. Moore fungieren daher als Wasserspeicher in der Landschaft. Das gespeicherte Wasser geben sie zeitlich verzögert in die Flüsse, ins Grundwasser oder über Verdunstung an die Atmosphäre ab. Damit können sie die Geschwindigkeit des Wasserabflusses reduzieren und einen Beitrag zum Wasserrückhalt in der Fläche leisten. Bei Starkniederschlagsereignissen können Moore unter bestimmten landschaftlichen Voraussetzungen als natürliche Retentionsräume dienen und zum Hochwasserschutz beitragen. Kritisch ist aber auch zu sehen, dass vollständig nasse Moore möglicherweise kein weiteres Wasser aufnehmen können, ohne dass es zum Abfluss kommt. Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen spielen hier die lokalen Gegebenheiten, z.B. die Größe der Flächen, Lage und Dimension der Überläufe, sowie die Gestalt der Vorfluter und die Nähe zu Siedlungen eine wichtige Rolle. Durch die ganzjährig hohen Wasserstände naturnaher Moore verdunstet dort zusätzlich sehr viel Wasser, welches einen kühlenden Einfluss auf die Umgebung haben kann und somit auch das Lokalklima der umliegenden Gebiete beeinflusst [25].

 

Nähr- und Schadstoffrückhalt

 

Die niedersächsische Landschaft ist mit Nährstoffen wie Stickstoff oder Phosphat belastet. Naturnahe und torfbildende Moore entziehen der Landschaft durch die Torfbildung neben Kohlenstoff auch Nährstoffe und bilden ebenfalls eine Senke für diese. Zusätzlich kann vor allem in Niedermooren mit Nähr- oder Schadstoffen angereichertes Wasser den Torfkörper durchfließen und dabei gefiltert werden. So werden im durchströmenden Wasser gelöste Nähr- und Schadstoffe durch den Torf ausgefiltert und ebenfalls im Torf fixiert. Bei regelmäßig überfluteten Mooren kommt es zur Sedimentation der im Wasser enthaltenen Schwebe- und Nährstoffe auf der Bodenoberfläche und an den Pflanzenwurzeln und somit zu einer Reinigung von Oberflächengewässern [4, 25]. Niedermoorareale können damit auch die Funktion einer Pflanzenkläranlage für mit Nährstoffen belastete Gewässer oder gar häusliche Abwässer übernehmen. Der Torfkörper ist somit, neben Kohlenstoff, ebenfalls eine Senke für einige Nähr- und Schadstoffe und leistet dadurch einen Beitrag zur Wasseraufbereitung und Reinhaltung. Moore werden daher auch als „Nieren der Landschaft“ bezeichnet [25].

 

Verlust der Regulationsleistungen

 

Entscheidend für die Regulationsleistung in Mooren ist der Wasserstand, der möglichst nahe an der Geländeoberfläche liegen sollte. Durch die künstliche Herabsetzung des Wasserstandes wird der Torf belüftet und mikrobiell aufgezehrt. Dabei wird die organische Substanz abgebaut und die darin gebundenen Nährstoffe ins Bodenwasser und der Kohlenstoff als CO2 in die Atmosphäre abgegeben. Entwässerte Moore werden also von Kohlenstoffsenken zu deren Quellen [25]. Mit Nährstoffen, insbesondere mit Phosphaten, angereichertes Bodenwasser kann so zur Eutrophierung von benachbarten Moorflächen, Flüssen oder Seen beitragen [28-29]. An die Atmosphäre abgegebenes CO2 wirkt als Treibhausgas und trägt zur Klimaerwärmung bei. Die Umweltkosten für den Ausstoß von Treibhausgasen wird vom Umweltbundesamt aktuell mit 201 € pro t CO2-Äq. beziffert [26]. Die Gesamtmenge der aus den Mooren und den weiteren kohlenstoffreichen Böden Niedersachsens entweichenden Treibhausgasemissionen von ca. 15,8 Mio. t Co2-Äq. pro Jahr führt dementsprechend zu gesellschaftlichen Kosten von ca. 3,175 Mrd. € jährlich [16] ergänzt um neuere Zahlen aus [13]. In dieser Rechnung ist der Verlust weiterer regulierender Eigenschaften, wie die Nährstofffreisetzung durch Mineralisation oder die verringerte Wasserspeicherkapazität durch Torfsackung und Gefügebildung, noch nicht mit einbezogen. Insbesondere wenn sich das Klima in Niedersachsen weiterhin, wie in den Klimaprojektionen aufgezeigt, verändert und die durchschnittlichen Temperaturen sich erhöhen, werden auch die regulierenden Eigenschaften der Moore auf den Wasserkreislauf von zunehmender Bedeutung sein [21].

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Bereitstellung von ausgewählten Versorgungsleistungen von Moorstandorten in Abhängigkeit von Wasserhaushalt und Nutzung. * gilt für naturnahe hydrologische Bedingungen. Erläuterung: positive Wirkung: +++ stark; ++ mittel; + vorhanden; negative Wirkung: --- stark; -- mittel; - vorhanden; keine Wirkung: 0; entwickelt sich über die Zeit: ~ (verändert nach [18]).
Literatur

[1] Amberger-Ochsenbauer, S., Meineken, E. (2020): Torf und alternative Substratausgangsstoffe. Bonn (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung; BLE).

[2] Bauerochse, A., & Metzler, A. (2015): Moore als Archive der Natur- und Kulturgeschichte – das Arbeitsgebiet der Moorarchäologie. TELMA, 5, 93-112.

[3] Boess, J., Fortmann, J., Müller, U., & Severin, K. (2011): Kriterienkatalog Nutzungsänderung von Grünlandstandorten in Niedersachsen. Oldenburg (Landwirtschaftskammer Niedersachsen). 

[4] Bonn, A., Allott, T., Evans, M., Joosten, H., & Stoneman, R. (2016): Peatland restoration and ecosystem services: An Introduction. In A. Bonn, T. Allott, M. Evans, H. Joosten & R. Stoneman (Hrsg.), Peatland Resotration and Ecosystem Services. Science, Policy and Practice (pp. 1-16). Cornwall (Cambridge University Press).

[5] DWD, Deutscher Wetterdienst (2018): Klimareport Niedersachsen. Fakten bis zur Gegenwart-Erwartungen für die Zukunft (pp. 52). Offenbach am Main.

[6] Verein Deutscher Naturparke e.V. (2019): Strukturen, Leistungen und Perspektiven der Naturparke in Niedersachsen. Bonn (Verband Deutscher Naturparke e.V.).

[7] Verein Deutscher Naturparke e.V. (2018): Naturparke in Deutschland 2030 - Aufgaben und Ziele. 4. Fortschreibung, beschlossen auf der Mitgliederversammlung am 18.09.2022.

[8] VDI - Verein Deutscher Ingenieure (2022): VDI-Fachbereich Bionik. Internet: https://www.vdi.de/tg-fachgesellschaften/vdi-gesellschaft-technologies-of-life-sciences/bionik

[9] Höper, H. (2022): Rohstoffbericht Niedersachsen. Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. (unveröffentlicht, mündliche Mitteilung).

[10] Ickerodt, U. (2008): "Oh schaurig ist's, übers Moor zu gehen" - Zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Moorleichenfundes "Moora", dem Mädchen aus dem Uchter Moor, am Beispiel von Film und Belletrstik. In A. Bauerochse, Hassmann, H. & Püschel, K. (Hrsg.), "Moora" - Das Mädchen aus dem uchter Moor. Eine Moorleiche der Eisenzeit aus Niedersachsen I. Materialhefte zur Ur- und Frühgeschcihte Niedersachsens (Vol. 37, pp. 117-136). Rahmen/Westfalen.

[11] Joosten, H., Sirin, A., Couwenberg, J., Laine, J., & Smith , P. (2016): The role of peatlands in climate regulation In A. Bonn, T. Allott, M. Evans, H. Joosten & R. Stoneman (Hrsg.), Peatland Resotration and Ecosystem Services. Science, Policy and Practice. Cornwall (Cambridge University Press).

[12] NIBIS® Kartenserver (2022): Kohlenstoffreiche Böden in Niedersachsen - Landnutzung nach ATKIS® (ATKISH).

[13] NIBIS® Kartenserver (2022): Treibhausgasemissionen der kohlenstoffreichen Böden in Niedersachsen (BHK50THG).

[14] BTE Tourismus- und Regionalberatung PartG mdB (2016): Naturtourismus in Deutschland 2016. Berlin.

[15] Millennium Eocosystem Assessment (MA). (2005): Ecosystems and Human Well-being. Synthesis. (pp. 137). Washington D.C: (Island Press).

[16] Minßen, F.-J., Klinck, L., & Krause, A. (2022): Zukunft der Moorstandorte in Niedersachsen. Fakten, Fragen, Handlungsansätze. (pp. 51). Ovelgünne (Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen e.V.). 

[17] Naturkapital Deutschland - TEEB DE (2012): Der Wert der Natur für Wirtschaft und Gesellschaft. Eine Einführung. (pp. 90) (München, ifuplan; Leipzig, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ, Bonn, Bundesamt für Naturschutz). 

[18] Naturkapital Deutschland - TEEB DE (2015): Naturkapital und Klimapolitik - Synergien und Konflikte. Berlin, Leipzig (Technische Universität Berlin, Helmholtzzentrum für Umweltforschung UFZ). 

[19] Naturkapital Deutschland - TEEB DE. (2018): Werte der Natur aufzeigen und in Entscheidungen integrieren - Eine Synthese. Leipzig (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ). 

[20] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. (2016): Programm Niedersächsische Moorlandschaften (pp. 71). Hannover (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz).

[21] Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (2022): Niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandeks 2021. Hannover.

[22] Schmatzler, B., & Schmatzler, E. (2010): Moorland. Moorlandschaften in Niedersachsen nach industriellem Torfabbau. Ratingen (Industrieverband Garten e.V.).

[23] Succow, M. J., Lebrecht. (2022): Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft. Rangsdorf (Natur+Text GmbH).

[24] Tegetmeyer, C., Bathelmes, K.-D., Busse, S. & Barthelmes, A. (2021): Aggregierte Karte der organischen Böden Deutschlands. Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe  01/2021, 10.

[25] Tiemeyer, B., Bechtold, M., Belting, S., Freibauer, A., Förster, C., Schubert, E., Dettmann, U., Frank, S., Fuchs, D., Gelbrecht, J., Jeuther, B., Laggner, A., Rosinski, E., Leiber-Sauheitl, K., Sachtleben, J., Zak, D., & Drösler, M. (2017): Moorschutz in Deutschland – Optimierung des Moormanagements in Hinblick auf den Schutz der Biodiversität und der Ökosystemleistungen. Bewertungsinstrumente und Erhebung von Indikatoren. (Vol. BfN-Skripten pp. 319)(Bundesamt für Naturschutz). 

[26] Umweltbundesamt. (2021): Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen. Internet: https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen#umweltkosten-von-baustoffen

[27] Wichmann, S., Nordt, A., & Schäfer, A. (2022): Lösungsansätze zum Erreichen der Klimaschutzziele und Kosten für die Umstellung auf Paludikultur. Hintergrundpapier zur Studie „Anreize für Paludikultur zur Umsetzung der Klimaschutzziele 2030 und 2050". Berlin (Deutsche Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt (DEHSt). 

[28] Zak, D., Steffenhagen, P., Gelbracht, J. (2010): Boden- und wasserchemische Veränderungen in degradierten Torfmoosmooren und Möglichkeiten ihrer Restaurierung unter Naturschutzaspekten – dargestellt am Beispiel Berliner Moore. TELMA, 39, 119-138.

[29] Zak, D., Wagner, C., Payer, B., Augustin, J., & Gelbrecht, J. (2010): Phosphorus mobilization in rewetted fens: the effect of altered peat properties and implications for their restoration. Ecological Applications, 20(5), 1336-1349.

LBEG: Paul Matras (2022)

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