*Dieser Text ist ein Auszug aus dem Text Steckbriefe Moorsubstrate, 2. Auflage und wurde für die Niedersächsische Verhältnisse angepasst (Luthardt, Schulz, & Meier-Uhlher, 2015).

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© Gehrt
Mudde

Mudden lagern sich unter Wasser am Grund von Stillgewässern ab. Sie sind sedimentäre (= von oben nach unten herab rieselnde) Seesedimente mit einem organischen Anteil von mindestens 5 Prozent [1,12,17].

Entstehung und Definitionen

Obwohl es sich um Seesedimente handelt, werden mit Mooren in Verbindung stehende Mudden zu den Moorsubstraten gezählt, da sich manche Moortypen einerseits erst aus Stillgewässern heraus entwickeln (Verlandungsmoor) oder andererseits in ihrer Entwicklung an zeitweise bestehende Flachgewässer gebunden sind (Überflutungsmoore). In Torfen eingebettete Muddeschichten deuten somit auf eine beispielsweise klimabedingte erhöhte Wasserversorgung hin, die zur Ausbildung eines nur zeitweilig bestehenden Gewässers führte. Mudden können aber auch kennzeichnend für ausgesprochen tiefe Schlenken oder im Moor gelegene Kleingewässer sein. 

Der organische Anteil in Mudden besteht vornehmlich aus ausgesprochen feinem, pflanzlichem und tierischem Plankton, Exkrementen von Wassertieren sowie feinen bis groben Resten von Algen, Wasser- und Uferpflanzen, die von diversen Gewässerorganismen unter Sauerstoffarmut mehr oder weniger stark zersetzt und aufgearbeitet wurden. Im Gegensatz zu den Torfen sind gelegentlich vorhandene größere Pflanzenreste - bis auf Samen - im Gelände meist keiner bestimmten Pflanzenart zuzuordnen. Neben dem organischen Anteil können Sand, Schluff, Ton und Kalk (als im Wasser ausgefällte Kalkpartikel oder kalkhaltige Bestandteile abgestorbener Organismen) in unterschiedlicher Menge vertreten sein [17]. 

Mudden unterscheiden sich nicht nur durch ihre Bildung von den Torfen, sondern auch durch ihre meist deutlich homogene Grundstruktur, in der gröbere Reste höchstens eingebettet sind sowie durch ihre plastische (= dauerhaft verformbar) bis elastische Konsistenz [6,21].

Gliederung von Mudden

Die KA5 [1] als heute gültige deutsche Bodensystematik gliedert die Sedimente mitteleuropäischer Seen anhand ihrer Gehalte an

  • organischer Substanz,
  • Silikat (Sand, Schluff, Ton) und
  • Kalk (CaCo3

Dabei enthalten alle Muddegruppen einen organischen Anteil. Das Vorkommen von Kalk und Silikate ist optional. Die Verhältnisse der Bestandteile charakterisieren die Seesedimentgruppen. 

Die KA5 verwendet ein vereinfachtes, zweistufiges Gliederungssystem nach [12] (siehe Tabelle 4). Auf der oberen Gliederungsebene werden organo-mineralische Mudden und organische Mudden anhand des Anteils an organischer Substanz voneinander unterschieden. Grenzwerte für die Unterscheidung anhand des Kalk- oder Silikat- Anteils sind nicht ausgewiesen. In der folgenden Gliederungsebene der Muddearten werden Sand-, Schluff- und Tonmudde anhand verschiedener Korngrößen des mineralischen Anteils unterschieden, Diatomeenmudde anhand des Vorhandenseins von Kieselalgen (nur mikroskopisch sichtbar) sowie Kalkmudde durch das Vorhandensein von Kalk, allerdings ohne Festlegung eines Mindestgehaltes. Die organischen Mudden werden nach Partikelgröße und biologischen Bestandteilen in Leber-, Torf- und Detritusmudde unterteilt [3][4] gibt Informationen zu Corg, Kalkgehalt, Humus- und Kalkklassen der verschiedenen Muddenarten für das Dümmer-Becken. 

Tabelle 4. Muddegliederung nach KA5 [1]grün hinterlegt: in den Steckbriefen dargestellte Muddenarten.

Kürzel

Muddenart

Beschreibung

Farbe

Fm

Organo-mineralische Mudden (5– <15 Masse% org. Substanz)

Fms

Sandmudde

Sediment vorwiegend aus Sand bestehend; aber mit erkennbarem Anteil an organischer Substanz

variiert von ocker über hellgrau bis schwarzgrau mit grünlichen und bräunlichen Nuancen.

Fmu

Schluffmudde

Sediment vorwiegend aus Schluff bestehend; aber mit erkennbarem Anteil an organischer Substanz

grau bis dunkelgrau mit Grün- und Brauntönen.

Fmt

Tonmudde

Sediment überwiegend aus Ton bestehend; aber mit erkennbaren Anteilen organischer Substanz; Konsistenz plastisch, seifig, schmierig, oft zähflüssig

variiert zwischen weißgrau, dunkelgrünlichgrau und bläulichgrau

Fmi

Diatomeenmudde

Sediment aus Diatomeenresten, gegenüber Kalkmudde nur mit Hilfe von HCl-Zugabe zu unterscheiden, leicht mit Tonmudde zu verwechseln, nur mikroskopisch sicher erkennbar.

gelblichweiß bis gelbbraun

Fmk

Kalkmudde

Sediment im frischen Zustand plastisch oder elastisch; Sediment zerfällt bei HCl-Zugabe nicht völlig, reichlich ungelöstes Material (> 20 Masse-%)

gelblichweiß bis gelbbraun

Fh

Organische Mudden (³ 15 Masse% org. Substanz)

Fhl

Lebermudde (Algenmudde)

Sediment homogen, von elastischer (leberartiger), gallertartiger Konsistenz, muschelig brechend

variiert von grün über gelb- und rötlich- bis rotbraun

Fhh

Torfmudde

Sediment vorwiegend aus aufgearbeitetem Torf; mit deutlich erkennbaren Torfresten

bräunlich- bis braunschwarz

Fhg

Detritusmudde

Das am weitesten verbreitete Seesediment; häufig Samen von Wasserpflanzen.

von grau bis braun, gelegentlich mit starker Olivtönung

 

Ökologische Kennzeichnung der Mudden

Wie auch bei den Torfen, führte [18] umfangreiche, standardisierte Messungen zu Nährstoffgehalten (C/N-Verhältnis) und Säure-Basen-Verhältnissen (pH-Wert) verschiedener Muddearten durch. Das Prinzip der Nährstoffgliederung auf Basis des Kohlenstoff/Stickstoff-Verhältnisses erwies sich nach [18] bei Mudden als Seesedimenten allerdings als nicht anwendbar, da in Gewässern nicht Stickstoff, sondern Phosphor der bedeutendste Faktor für das Pflanzenwachstum ist. 

Allein das Vorhandensein einer bestimmten Muddeart ermöglicht jedoch gewisse Rückschlüsse auf ökologische Charakteristika des Sees, teilweise auch der Seeumgebung zur Zeit der Muddebildung.

So bilden sich Silikatmudden relativ unabhängig vom Nährstoff- und Kalkgehalt des Gewässers durch Einspülung und/oder Einwehung mineralischer Partikel von vegetationsarmen, vorwiegend umliegenden Flächen [15]. Wichtigste Bedingung für die Bildung von Kalkmudden ist ein ausreichender Kalkgehalt des Seewassers und eine ständige Nachlieferung durch kalkhaltiges Grundwasser [11,17]. Lebermudde hingegen bildet sich in kalkarmen, nährstoffärmeren Gewässern [19]. Detritusmudde wird in nährstoffarmen bis -reichen, häufig kalkarmen Seen abgesetzt [19], wobei die Größe vorhandener (Wasser-) Pflanzenreste Aufschluss über die Gewässertiefe zum Zeitpunkt der Bildung gibt: Je größer die Reste, desto flacher war im allgemeinen das Gewässer [17], da höhere Wasserpflanzen vorrangig in Flachwasserbereichen wachsen.

Kennzeichnung der Konsistenz

Analog zum Zersetzungsgrad von Torfen kann für Mudden die Konsistenz - als Ausdruck für die Festigkeit und den Wassergehalt - angegeben werden [17]. Die KA5 nutzt hierbei sechs Stufen von fest bis zähflüssig.

Literatur

[1] AG Boden. (2005). Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Aufl. Hannover: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.

[2] Arbeitskreis für Bodensystematik der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft. (1998). Systematik der Böden und der bodenbildenden Substrate Deutschlands. Mitteilungen der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, 86.

[3] Chmieleski, J. (2006). Zwischen Niedermoor und Boden: Pedogenetische Untersuchungen und Klassifikation von mitteleuropäischen Mudden. Humboldt-Universität zu Berlin.  

[4] Dahms, E. (1972). Limnogeologische Untersuchungen im Dümmer-Becken im Hinblick auf seine Bedeutung als Natur- und Landschaftsschutzgebiet. Humboldt-Universität zu Berlin.  

[5] DIN 11540. (2005). Torfe und Torfprodukte für den Gartenbau und Garten- und Landschaftsbau -Prüfverfahren, Eigenschaften, Technische Lieferbedingungen. Berlin: Beuth Verlag GmbH.

[6] Göttlich, K. (1990). Moor- und Torfkunde. 3., neubearbeitete Aufl. Stuttgart: E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung.

[7] Grosse-Brauckmann, G. (1962). Torfe und torfbildende Pflanzengesellschaften. Zeitschrift für Kulturtechnik, 3, 205-225.

[8] Grosse-Brauckmann, G. (1996). Ansprache und Klassifikation von Torfen und Mooren als Voraussetzung für Moorkartierungen. Abh. Naturwiss. Vereins Bremen, 43/2, 213-237.

[9] Grosse-Brauckmann, G., Hacker, E., & Tüxen, J. (1977). Moore in der bodenkundlichen Kartierung. TELMA, 7, 39-54.

[10] Luthardt, V., Schulz, C., & Meier-Uhlher, R. (2015). Steckbriefe Moorsubstrate, 2. Auflage E. Hochschule für nachhaltige Entwicklung (Ed.) Retrieved from FID GEO-LEO e-docs database Retrieved from http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?gldocs-11858/8054 doi:10.23689/fidgeo-3724

[11] Mauersberger, H., & Mauersberger, R. (1997). Die Seen des Biosphärenreservates „Schorfheide-Chorin“ - eine ökologische Studie. Untersuchungen zur Struktur, Trophie, Hydrologie, Entwicklung, Nutzung, Vegetation und Libellenfauna., Uni Greifswald.  

[12] Merkt, J., Lüttig, G., & Schneekloth, H. (1971). Vorschlag zur Gliederung und Definition der limnischen Sedimente. Geol. Jahrb., 89, 607-628.

[13] Michaelis, D. (2008). Moor- und Torfkurs. unveröff. Skript. Duene e.V. Greifswald.

[14] Roeschmann, G., Grosse-Brauckmann, G., Kuntze, H., Blankenburg, J., & Tüxen, J. (1993). Vorschläge zur Erweiterung der Bodensystematik der Moore (Vol. Reihe F). Hannover: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.

[15] Sauerbrey, R., & Zeitz, J. (1999). Moore. In H. P. Blume, P.-F. Henningsen, W. R. Fischer, H.-G. Frede, R. Horn & K. Stahr (Eds.), Handbuch der Bodenkunde. Landsberg/Lech: ecomed-Verlag.

[16] Schneekloth, H., & Schneider, S. (1972). Vorschlag zur Klassifizierung der Torfe und Moore in der Bundesrepublik Deutschland. TELMA, 2, 57-63.

[17] Stegmann, H., Succow, M., & Zeitz, J. (2001). Muddearten. In M. Succow & H. Joosten (Eds.), Landschaftsökologische Moorkunde. 2., völlig neu bearbeitete Aufl. (pp. 62-65). Stuttgart: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.

[18] Succow, M. (1988). Landschaftsökologische Moorkunde. 1. Aufl. Jena: VEB Gustav Fischer Verlag.

[19] Succow, M. (2001). Verlandungsmoore. In M. Succow & H. Joosten (Eds.), Landschaftsökologische Moorkunde. 2., völlig neu bearbeitete Aufl. (pp. 317-338). Stuttgart: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.

[20] Succow, M., & Stegmann, H. (2001). Moorsubstrate. In M. Succow & H. Joosten (Eds.), Landschaftsökologische Moorkunde. 2., völlig neu bearbeitete Aufl. (pp. 58). Stuttgart: E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.

[21] von Bülow, K. (1929). Handbuch der Moorkunde Band I: Allgemeine Moorgeologie. Berlin: Gebrüder Borntraeger.

[22] von Post, L. (1924). Das genetische System der organogenen Bildungen Schwedens. Comité international de Pédologie IV. Communication, 22, 287-304. 

Prof. Dr. Vera Luthardt, Corinna Schulz & Ron Meier-Uhlherr, 2015

Anpassung an Niedersachsen: Ernst Gehrt, 2021